Gläubigerbenachteiligung. Der Wölbern-Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Tjark Thies, hat Zahlungen, die von der Wölbern Invest B.V. an verschiedene Fondsgesellschaften geflossen sind, als die Gläubiger benachteiligend qualifiziert. Die Wölbern Invest B.V. wurde im Zuge des damaligen "Liquidationsmanagementsystems" (LMS) von Heinrich Maria Schulte 2011 gegründet, angeblich um bessere Zinssätze bei Banken durch Pooling von Liquidität zu erlangen und um den Teilnehmern am Pool untereinander Darlehen gegen Sicherheiten zu gewähren. Aus zahlreichen Fonds flossen Gelder an die Wölbern Invest B.V. ab, an viele Fonds wurden auch wieder Rückzahlungen geleistet, wenn auch – wie sich bekanntermaßen im Nachhinein herausstellte – lediglich zu dem Zweck, eine angebliche Funktionstüchtigkeit des LMS vorzuspiegeln. Zwischen 2011 und 2013 flossen rund 150 Millionen Euro aus den Fondsgesellschaften an die Wölbern Invest B.V. An 20 Fondsgesellschaften wurden Beträge in Höhe von insgesamt 71 Millionen Euro auch wieder zurückgeführt. Rund 23,5 Millionen Euro davon erklärt Thies nun für Zahlungen, die die Interessen der Gläubiger der Wölbern Invest B.V. beeinträchtigen, weil sie nicht Teil des vom Gericht so bezeichneten "Buchungskreislaufs" gewesen seien und legt in einem bislang nur als Entwurf vorliegenden Schreiben dar, dass die betroffenen 20 Wölbernfonds Beträge zwischen 50.000 und 3,7 Millionen Euro an den Insolvenzverwalter zu zahlen hätten.

Vergleich. Das Entwurfschreiben zielt auf einen Vergleich. Er sieht vor, dass ein Gutachter eingeschaltet werden soll, um die Frage zu klären, ob eine Gläubigerbenachteiligung bei dem so genannten Buchungskreislauf vorlag. Wenn nein, dann würde Thies diese Zahlungen nicht anfechten, wenn ja, dann würde Thies nicht nur die Zahlungen außerhalb des Buchungskreislaufs, sondern alle Rückzahlungen an die einzelnen Fondsgesellschaften anfechten, mithin ein Betrag von knapp 50 Millionen Euro.

Blöde Pointe. Die Gläubiger der insolventen Wölbern Invest B.V. sind im Wesentlichen dieselben Wölbernfonds, von denen der Insolvenzverwalter nun Gelder zurückfordert. Selbst wenn die Fonds über die entsprechenden Mittel verfügen würden – klamm sind sie alle und einige bereits insolvent – dann würden Ihnen die Mittel bei der Schlussverteilung zum Ende des Insolvenzverfahrens quotal wieder zustehen. Die in den Fonds dringend benötigten Mittel wären während der Jahre des Abschlusses des Insolvenzverfahrens der Wölbern Invest B.V. eingefroren. Einige große Fonds haben inzwischen verkauft und die Liquidität ausgeschüttet. Werden diese verschont oder sollen die Anleger angegangen werden, falls die Haftsumme ausgeschüttet wurde?

Unerwartete Wendung. Neun Wölbern-Fondsgesellschaften führen seit Ende 2014 Klage vor dem Landgericht Hamburg gegen den ehemaligen Schulte-Mitstreiter Patrick Hemmingson. Die gegen ihn gerichtete Schadenersatzforderungen könnten möglicherweise – anders als im Falle Schulte – zum Teil durch die D&O-Versicherung Hemmingsons gedeckt sein, weil Hemmingson im Gegensatz zu Schulte laut Gericht nicht vorsätzlich gehandelt hat. Zur Überraschung der Klage führenden Fonds hat das Landgericht Hamburg die Klage am 18. August abgewiesen. Vergangenes Jahr noch hatte Richter Martin Pellens einen Prozesskostenhilfe-Antrag von Hemmingson mit der Begründung abgewiesen, dass seine Verteidigung gegen die Klage offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. Die Fonds werden in Berufung gehen müssen, wenn sie sich noch nicht geschlagen geben wollen.

Streithelferin hält alles auf. Auch im Prozess zahlreicher Wölbern-Fondsgesellschaften gegen die Kanzlei Bird & Bird geht es nicht wirklich weiter. Auch im verbleibenden Jahr 2016 wird es wohl keinen Termin mehr für eine mündliche Verhandlung am Landgericht Hamburg geben. Zunächst muss nämlich der Bundesgerichtshof entscheiden, ob eine Nebenintervenientin im Verfahren zugelassen wird. Dem Vernehmen nach macht sich der AAA dafür stark, dass eine Wölbern-Anlegerin als Streithelferin dem Verfahren beitreten soll, indem sie einen aus ihrem Investment im Frankreich 04 erwachsenden Folgeschaden geltend macht. Alle Prozessbeteiligten einschließlich Oberlandesgericht Hamburg hatten die Zulassung abgelehnt, das OLG hat aber Revision beim BGH zugelassen, wo die Sache nun liegt – und Staub ansetzt.