Kaufrausch. Professionelle Zweitmarktkäufer wenden sich immer öfter an Privatanleger und empfehlen ihnen, sich vorzeitig von Anteilen an geschlossenen Fonds zu trennen. Doch wann rechnet sich der Verkauf für einen Anleger tatsächlich? Berater und Vermittler sind gefragt, ihren Kunden für jeden Einzelfall darzulegen, ob ein Verkauf sinnvoll ist und wo sich die höchsten Preise erzielen lassen. Ein Verbleib in einer Schiffsbeteiligung etwa kann gerade dann sinnvoll sein, wenn das Darlehen bereits vollständig getilgt ist und künftige Einnahmen nicht mehr mit der finanzierenden Bank geteilt werden müssen. Genau das sind jedoch die Anteile, auf die es die professionellen Aufkäufer, allen voran die Zweitmarktfonds, abgesehen haben.

Zweitmarktfonds. Die alte Kaufmannsweisheit „Der Gewinn liegt im Einkauf“ gilt für Initiatoren von Zweitmarktfonds in besonderem Maße: Um die versprochenen Renditen von in der Regel sechs bis acht Prozent jährlich langfristig erwirtschaften zu können und dabei selbst zu verdienen, müssen sie ihre Kaufangebote scharf kalkulieren. Die etablierten Zweitmarkt-Plattformen konnten dabei in der Vergangenheit die Nachfrage der Zweitmarktfonds kaum decken. Skepsis ist vor allem bei Zweitmarktfonds angebracht, die ausschließlich in Beteiligungen aus dem eigenen Haus investieren. Der Verdacht, dass der Aufkauf eigener Fondsanteile nicht zuletzt der Ruhigstellung unzufriedener Anleger dient, ist nicht in jedem Fall von der Hand zu weisen.

Fadenscheinige Argumente. Ein Beispiel für Stimmungsmache liefert die Hansdorfer Immobilien- und Vermögensanlagen Dienst GmbH (HID). „Unserer Einschätzung nach muss der Schiffsmarkt ähnlich betrachtet werden wie die Börse“, so die HID in einem Anlegerschreiben. Verkaufen bei hohen Kursen, einsteigen, wenn die Kurse gefallen sind, rät das Unternehmen aus dem schleswig-holsteinischen Großhansdorf und verabschiedet sich damit von seriöser Kundenberatung.

Kundenfang. HID empfiehlt dem Anleger explizit den Verkauf der Anteile am Schiffsfonds MS Hansa Stettin: „Nur wenn Sie diese Beteiligung als rentenähnliche Versorgung geplant und in ihr Portfolio eingebracht haben, sollten Sie daran festhalten. Wenn Sie allerdings noch anderweitig investieren wollen aber zurzeit die ausreichende Liquidität fehlt, dann sollten Sie bei Schiffen „Kasse machen“, um zum Beispiel in die Zukunftsmärkte „nachwachsende Rohstoffe“ oder „Leasing für den Mittelstand“ zu reinvestieren (…). Für eine „Wiederanlage“ empfiehlt HID eine hauseigene Emission. Auf die Branche wirft derartiger Kundenfang ein schlechtes Bild.

Kaufvertrag. Viele Punkte bei der Übertragung von Anteilen an geschlossenen Fonds regelt das Gesetz. Manches müssen Käufer und Verkäufer aber untereinander in einem Kaufvertrag regeln. Die Zweitmarktakteure DSM und Maritim Invest arbeiten mit einem Musterkaufvertrag, in dem etwa die Modalitäten von Bezahlung und Eigentumsübertragung und die Ansprüche auf Auszahlungen aus dem laufenden Fondsbetrieb festgeschrieben werden. Offen bleibt, ob die einzelnen Punkte des Musterkaufvertrags überhaupt wirksam sind. Für die Verkäufer sind längst nicht alle Punkte geklärt: Was der Vertrag beispielsweise nicht regelt, ist die Haftungsfreistellung des Verkäufers. Im Regelfall haftet der Verkäufer nach der Übertragung weitere fünf Jahre für alle Verbindlichkeiten des Fonds.

fondstelegramm-Meinung. Geschlossene Fonds bleiben langfristige Anlagen. Der Zweitmarkt sollte deshalb nur dann in Anspruch genommen werden, wenn ein Anleger mit dem Verkauf von Anteilen tatsächlich besser fährt als wenn er die Anteile behalten würde. Wer Anlegern bei geschlossenen Fonds zu Gewinnmitnahmen rät, sollte sich künftig eher dem Aktiengeschäft widmen.

Die Auswüchse des Zweitmarkts nehmen zum Teil skurrile Formen an. Den Zweitmarkt für geschlossene Fonds beleuchtet die Fondszeitung ausführlich in ihrer Ausgabe 5-2008.