Das Immobilienjahr 2022 stand im Zeichen des Endes eines viele Jahre andauernden ununterbrochenen Aufschwungs. "Die jetzige Marktsituation ist für viele Marktteilnehmer komplett neu", befindet Andreas Friedrich, Geschäftsführer der Domicil Real Estate Group. Vier Entwicklungen, die parallel und zum Teil kumulativ ihre Wirkung entfaltet haben, sorgten für eine unübersichtliche Gemengelage: Die Zinswende ließ die Finanzierungskosten in die Höhe schnellen, die seit Jahrzehnten höchste Inflation sorgte nicht nur für höhere Energiekosten, sondern ließ auch die Preise für Baumaterial signifikant steigen, und ein eklatanter Fachkräftemangel sorgte regelmäßig für personelle Engpässe. Das Zusammenspiel negativer Entwicklungen führte zu großer Verunsicherung und Zurückhaltung bei den Investoren. "Im Ergebnis hat sich der deutsche Immobilienmarkt deutlich abgekühlt", fasst Ulrich Höller, Geschäftsführer der ABG Real Estate Group, die Befindlichkeit zum Jahresende zusammen.

2022 wurden rund zehn Prozent weniger Baugenehmigungen beantragt und erteilt. Viele Projekte wurden zurückgestellt und entsprechend hat sich das Transaktionsvolumen stark reduziert: "Während es im ersten Quartal 2022 noch rund 20 Milliarden Euro erreichte, liegen die Schätzungen für das vierte Quartal bei nur noch rund sechs Milliarden Euro", sagt Höller.

Transaktionsvolumen fällt unter langfristigen Mittelwert
Der Immobiliendienstleister JLL prognostiziert für das Jahr 2022 ein Transaktionsvolumen mit deutschen Immobilien von insgesamt rund 70 Milliarden Euro. Der Mittelwert über die vergangenen zehn Jahre liegt bei 72 Milliarden.

Geht der Handel mit Immobilien zurück, dann wird für Immobilieninvestoren die Bewirtschaftung der Objekte im Bestand wichtiger. "Nachdem das Jahr 2022 vom Zinsschock geprägt war, dürften 2023 die Vermietungsmärkte in den Vordergrund rücken", so Matthias Pink, Researcher beim Immobiliendienstleister Savills, in einem aktuellen Ausblick auf die deutschen Immobilienmärkte. Der Markt für Gewerbeimmobilien wird von zwei gegenläufigen Entwicklungen geprägt sein: Einerseits wird die schwächer werdende Konjunktur die Flächennachfrage dämpfen und der Leerstand wird in den meisten Segmenten zunehmen. Wegen steigender Betriebskosten und der immer mehr zum Entscheidungskriterium werdenden ESG-Kriterien wird andererseits die Nachfrage nach Qualitätsflächen steigen.

Asset Management gefragt
"Nicht nur die zyklischen, auch strukturelle Entwicklungen – etwa das mobile Arbeiten – werden die Nutzermärkte verändern", resümiert Pink. "Vor allem für die Büro- und Einzelhandelsflächenmärkte lässt sich das in der Formel 'Schrumpfen und Aufwerten' zusammenfassen." Damit ist gemeint, dass sich viele Nutzer verkleinern werden – aber in höherwertigen Flächen. Pink: "Das schafft Überfluss und Knappheit zugleich. Überfluss an Flächen, die nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen entsprechen, und Knappheit an jenen Flächen, die es tun." (tw)


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