Der Markt für deutsche Wohnimmobilien sei in den Jahren 2010 bis 2021 durch einen fortschreitenden Preisanstieg gekennzeichnet gewesen, urteilt die Bafin in ihrer am Montag (23.1.) vorgestellten Analyse von Finanzmarktrisiken, die sie in ihren Fokus genommen hat. Die Preise für Wohnimmobilien hätten sich immer weiter von ökonomischen Fundamentalfaktoren wie der Entwicklung der Einkommen entfernt. Mit Bezug auf Daten der Deutschen Bundesbank verweist die Behörde auf Überbewertungen in Höhe von zuletzt 15 bis 40 Prozent.

Günstige Zinsen haben das Immobilienkreditgeschäft anwachsen lassen. Deutsche Institute, so eine Analyse der Bundesbank, hatten Ende 2022 Wohnimmobilienkredite in Höhe von rund 1,8 Billionen Euro in den Büchern, 60 Prozent mehr als 2009. Allerdings ist das Neugeschäft seit einem Jahr rückläufig: Das Volumen der an Wohnungseigentümer ausgereichten Kredite wuchs im dritten Quartal nur noch um 1,6 Prozent, während es im Vorjahresquartal noch um 6,6 Prozent gestiegen war. Die allgemeine Inflation und insbesondere die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten sorgen für eine Stagnation bei der Entwicklung der Wohnungspreise, Preise für Mehrfamilienhäuser sind bereits rückläufig.

Sinkende Wohnungspreise bergen Gefahr
Einerseits, so die Bafin-Studie, sei es zu begrüßen, dass sich der beständige Preisanstieg nicht weiter fortsetzt, und hier und da rückläufige Preise dafür sorgen Überbewertungen abzubauen. Andererseits bringt es auch eine Gefahr mit sich, wenn die Preise sinken. Denn wenn die Immobilienwerte so weit fallen, dass sie die noch bestehenden Kreditschulden nicht mehr abdecken, kommen Banken in Zugzwang.

Wegen der Inflation sei schon jetzt das reale Einkommen der meisten Deutschen geschrumpft, und im Zuge eines wirtschaftlichen Abschwungs könnte es dazu kommen, dass viele Kreditnehmer ihren Kapitaldienst nicht mehr leisten könnten und Verwertungsfälle durch die Bank zunehmen. In Zeiten ohnehin sinkender Immobilienpreise würde der Preisdruck zusätzlich erhöht, diagnostiziert die Bafin, was "zu größeren Verlusten im Bankensystem" führen würde und "Risiken für die Finanzstabilität" mit sich brächte.

Der Gewerbeimmobilienmarkt hängt stark an der konjunkturellen Entwicklung
Bei Gewerbeimmobilien kam es in der zweiten Jahreshälfte 2022 das erste Mal seit 2009 zu einer rückläufigen Entwicklung der Preise. Einzelhandelsimmobilien unterliegen diesem Trend allerdings schon länger, zuletzt hat er sich in diesem Segment beschleunigt. Treiber der Entwicklung ist auch im Markt der Gewerbeimmobilien das veränderte Zinsniveau. Hinzu kommt, dass dieser stärker als der Wohnungsmarkt mit der wirtschaftlichen Entwicklung korreliert. Im Zusammenhang mit einer sich abkühlenden Konjunktur spricht die Bafin bereits von einem drohenden "strukturellen Nachfragerückgang nach Büro- und Einzelhandelsimmobilien".

Die Energiekosten steigen, Zahlungsschwierigkeiten der Mieter könnten zunehmen und ein Anstieg der Insolvenzen würde Kreditausfälle wahrscheinlicher machen, schreibt die Bafin. "Da Gewerbeimmobiliendarlehen eine hohe Bedeutung für den deutschen Bankensektor haben und das Kreditvolumen über die vergangenen sieben Jahre kontinuierlich zugenommen hat, wären davon weite Teile des deutschen Bankensystems betroffen."

Bafin sieht Risiko von Bewertungskorrekturen und Buchverlusten
Einzelne Immobilienunternehmen hätten angesichts der jahrelang gestiegenen Marktpreise und niedriger Diskontierungszinssätze hohe Aufwertungsgewinne in ihren Büchern stehen, schreibt die Bafin in ihrer Risikoanalyse: "Bei steigenden Zinsen und einer deutlichen konjunkturellen Abkühlung könnte es zu signifikanten Bewertungskorrekturen und Buchverlusten kommen". (tw)