Der deutsche Hotelmarkt hat durch die Coronakrise Einbußen in bis dato nicht gekannter Größenordnung hinnehmen müssen. Das Volumen, das im ersten Halbjahr 2020 in deutsche Hotels investiert wurde, sank im Vergleich zum Vorjahr um mehr als ein Viertel auf 1,2 Milliarden Euro. Vor allem das zweite Quartal war von der Pandemie heftig betroffen. Eine starke Zunahme von Portfolio-Transaktionen in den ersten drei Monaten des Jahres konnte die Statistik immerhin vor Schlimmerem bewahren. "2020 wird kein Glanzjahr in den Geschichtsbüchern des Hotelinvestmentmarktes", sagt Heidi Schmidtke, die beim Immobiliendienstleister JLL für Hotels zuständig ist. Die Krise sei noch lange nicht überstanden.

"Für die meisten klassischen institutionellen Investoren ist es derzeit schwer, Hotelankäufe in ihren Gremien positiv zu bescheiden", beurteilt Olivia Kaussen, Leiterin Hotels bei CBRE in Deutschland, die Lage. Ausnahmen würden allenfalls Hotels im Core-Segment darstellen, die wegen ihrer Krisenresistenz weiterhin zu hohen Preisen gehandelt würden.

Core geht nach wie vor
In den ersten beiden Quartalen 2020, führt das Maklerunternehmen CBRE weiter aus, entfielen 89 Prozent der Investitionen auf Core- beziehungsweise Core-Plus-Immobilien. Verglichen mit dem Vorjahreszeitraum ist dies ein Anstieg um 13 Prozentpunkte.

Die deutschen Top-Standorte konnten ihr Investmentvolumen im ersten Halbjahr 2020 stabilisieren. Mehrere große Transaktionen in Berlin sorgten dort für eine Umsatzsteigerung um fast 150 Prozent und auch München konnte seinen Hotelumsatz fast verdoppeln. Die beiden Städte konnten damit die zum Teil stark rückläufigen Umsätze in Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf und Köln soweit kompensieren, dass in der Betrachtung aller deutschen Top-Standorte ein Rückgang um lediglich drei Prozent zu verzeichnen ist, wie die Research-Abteilung von BNP Paribas Real Estate ausgerechnet hat.

Konsequenzen aus der Corona-Baisse
JLL erinnert daran, dass Renditen im Hotelinvestmentmarkt zuletzt denen von Bürotransaktionen zu ähnlich wurden und darüber hinwegtäuschten, dass operatives Geschäft immer auch ein höheres Risiko mit sich bringt. Investoren würden folglich künftig stärker auf die Themen Betriebsrisiko, Liquidität und Bonität des Betreibers achten.

Investitionen in deutsche Hotels würden bald wieder zunehmen, hat CBRE von Marktteilnehmern erfahren. "Unsere Gespräche am Markt zeigen, dass die meisten Akteure von der mittel- bis langfristigen Attraktivität der Assetklasse Hotelimmobilien überzeugt sind", sagt Hotelspezialistin Kaussen. Allerdings gibt sie auch zu bedenken, dass die große Projektpipeline noch zu einer Herausforderung werden könnte, da die Fertigstellungen der meisten neuen Objekte vor der vollständigen Markterholung erfolgen dürfte. "Es gibt Investoren", pflichtet ihr ihre Kollegin Schmidtke von JLL bei, "die gerade in diesen Zeiten vor dem erhöhten Risiko einer nicht zeitplangerechten Fertigstellung des Objekts zurückschrecken." Hinzu komme, dass es derzeit vielfach schwierig sei, Projekte finanziert zu bekommen.

Positive Entwicklungen
Heidi Schmidtke sieht aber auch positive Entwicklungen: "Die Ferienhotellerie erholt sich aktuell mit am schnellsten. Hotels am Meer und in den Bergen erleben vor allem durch inländische Besucher einen veritablen Nachfrageboom." Und auch Alexander Trobitz, Head of Hotel Services der BNP Paribas Real Estate ist optimistisch: "Vor allem erprobte Konzepte an Top-Standorten mit langfristigen Mietverträgen werden weiterhin auf eine breite Investorennachfrage treffen", sagt er. (tw)