Die Blockchain kann Immobilieninvestments vereinfachen. Auf Basis von Security-Token lassen sich Geschäfte simpler und günstiger abwickeln. Unter einem Token muss man sich eine Art digitale Wertmarke vorstellen, die seinem Eigentümer einen bestimmten Anspruch zusichert. Er wird durch einen Zahlencode verschlüsselt und in die Blockchain geschrieben, die im Prinzip nichts anderes ist als eine Datenbank. Allerdings ist sie dezentral organisiert und weltweit auf zahlreiche Rechner verteilt, die sich wechselseitig kontrollieren. Dadurch werden Veränderungen in der Datenbank unmöglich, die nicht mehrfach bestätigt wurden, was die auf der Blockchain gespeicherten Daten vor Manipulation und Verlust schützt.

Plattformen wie Finexity, Exporo, Klickown, Raay, Bloxxter oder FND German Real Estate und zuletzt Palmtrip haben Angebote für Privatanleger entwickelt, per Token in Immobilien zu investieren. Finexity bietet seit kurzem eine White-Label-Lösung an. Damit können Drittanbieter eigene tokenisierte Sachwertanlagen auf ihrer Homepage anbieten, ohne selbst die notwendige Technik dafür vorhalten zu müssen. FONDS professionell ONLINE sprach mit Finexity-Vorstand Paul Hülsmann über den Stand der Dinge bei Token-Investments und deren Zukunftsaussichten.


Herr Hülsmann, worin sehen Sie den größten Unterschied zwischen Immobilien-Investments herkömmlicher Art als Fondslösung oder per Anleihe und einem Immobilien-Token?

Paul Hülsmann: Über die Blockchain kann man Emissions- und Vertriebskosten sparen. Man braucht keine Globalurkunde mehr und auch die Kosten für eine KVG oder andere Intermediäre, die bisher bei einer Wertpapiertransaktion Geld verdienen, fallen weg. Sie ermöglicht zusätzlich eine sogenannte "Automated Compliance", das heißt, man kann alle Rechte und Pflichten der Beteiligten in einem "Smart Contract" hinterlegen und sie ohne administrativen Aufwand darstellen, denken Sie etwa an die Verwaltung und Zuordnung von Stimmrechten oder die Ausschüttung von Dividenden. Die Reduktion von Kosten ermöglicht es, Vermögenswerte kleiner zu stückeln. Während ein herkömmlicher Fonds ein Mindestvolumen von zehn Millionen Euro braucht, um kostendeckend aufgesetzt werden zu können, geht das mit einem Token schon unter einer Million Euro.

Warum ist die Blockchain, wie es heißt, genauso sicher wie eine Globalurkunde oder ein Grundbucheintrag?

Hülsmann: Ein Grundbucheintrag, wiewohl die Blockchain dafür prädestiniert ist, geht darüber noch nicht. Aber durch ihre dezentralisierte Organisation, die verwendete Verschlüsselungstechnik und die Protokollierung sämtlicher Vorgänge steht die Blockchain den herkömmlichen Sicherheitsmedien in nichts nach. Während Globalurkunden bei einem Zentralverwahrer, wie der Clearstream in Deutschland, verwahrt werden, ermöglicht die Blockchain eine digitale Verwaltung sämtlicher Ansprüche, die wiederum in sogenannten Token verkörpert sind. Sie sind nicht nur übertragbar, sondern eindeutig identifizierbar und werden von dem Token-Besitzer in seinem digitalen Schließfach (Wallet) isoliert verwahrt und somit keiner Drittpartei zugänglich. Zur Absicherung des digitalen Schließfachs, verfügt der Besitzer über einen Private Key, der wie eine persönliche Signatur funktioniert.

Wie schätzen Sie Entwicklung ein? Wo stehen Token-Investments in drei Jahren?

Hülsmann: Die Abwicklung von Immobilientransaktionen nicht nur im privaten sondern auch im institutionellen Bereich wird vermehrt über die Blockchain laufen. Sachwerte und andere Alternative Investments werden für jedermann zugänglich sein. In drei Jahren wird man über Token nicht nur in Immobilien sondern auch in Private Equity, Rohstoffe, Kunst oder Oldtimer investieren können.

Welche Möglichkeiten hat der klassische Finanzberater und –vertrieb, an der Entwicklung teilzuhaben, was muss er tun, nicht unter die Räder zu kommen?

Hülsmann: Der Finanzvertrieb wird eine deutlich steigende Nachfrage seiner Kunden nach innovativen Kapitalanlagen erfahren, da diese extreme Kostenersparnisse ermöglichen. Eine grundsätzliche Aufgeschlossenheit und die Auseinandersetzung mit solchen Produkten sind daher definitiv hilfreich, um auch in Zukunft eine breite und diversifizierte Beratungsleistung zu bieten. Nichtsdestoweniger ist das Vertrauensverhältnis zwischen Anleger und Finanzberater auch weiterhin von zentraler Bedeutung. Aufgrund zunehmender regulatorischer Richtlinien wird sich die klassische Vermittlertätigkeit hingegen in Richtung Tippgeberschaft entwickeln.

Vielen Dank für das Gespräch. (tw)


Die Tokenisierung der Immobilie wird ausführlich in FONDS professionell 2/2020 erörtert. Ab Seite 198 werden die technischen Grundlagen von Blockchain und Token dargestellt, und es wird ein Überblick über aktuelle Angebote gegeben. Weil Internet, Blockchain und der Token papierlos funktionieren, ist eine neue juristische Verortung des tokenisierten Wertpapiers erforderlich. Vor allem aber machen den Token eine erhöhte Handelbarkeit und die Kostenersparnis zukunftsfähig. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.