"Der Fondsstandort Deutschland hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, liegt im europäischen Vergleich aber immer noch zurück und schöpft sein Potential nicht aus." So begründete das Finanzministerium die Notwendigkeit des Finanzstandortgesetzes, das vor zwei Jahren in Kraft getreten ist. Im Zuge seiner Umsetzung wurde das Kapitalanlagegesetzbuch geändert.

Die wesentliche Neuerung besteht darin, dass neben Immobilien auch Infrastrukturobjekte in ein offenes Sondervermögen eingebracht werden können. Nach zwei Jahren Entwicklungszeit gibt es mit der DWS und der KGAL gleich zwei namhafte Anbieter, die mit offenen Infrastrukturfonds an den Markt gehen: Der "Infrastruktur Europa" von der DWS ist Anfang Mai dieses Jahres in den Vertrieb gegangen, KGAL plant den Vertriebsstart für September.

Wesentliche Unterschiede zum offenen Immobilienfonds
Die strukturellen Gemeinsamkeiten überwiegen bei Weitem die wenigen Unterschiede in der Verfassung der beiden Sondervermögensarten. Für beide gilt eine Mindesthaltefrist von 24 und eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten. Auch der Anteil, den Fremdkapital ausmachen darf, ist im Prinzip bei beiden gleich. Allerdings hat der Infrastrukturfonds mehr Möglichkeiten, in enger Abstimmung mit der Bafin auf Ebene der Objektgesellschaften auch über 30 Prozent hinaus mit Krediten zu arbeiten.

Wesentliche Unterschiede bestehen in den Anteilen vorzuhaltender Liquidität, um Rückgabewünsche bedienen zu können. Immobilienfonds müssen stets mindestens fünf Prozent ihres Vermögens liquide halten, allerdings höchstens 50 Prozent. Bei Infrastrukturfonds ist die Mindestquote höher (10 Prozent) das Maximum allerdings niedriger (40 Prozent). Die Mindestdiversifizierung fällt beim Infrastrukturfonds höher als beim Immobilienfonds aus: Kein einzelnes Objekt darf mehr als zehn Prozent ausmachen, bei Immobilienfonds sind es 15 Prozent.

Zwei aktuelle Angebote
Die KGAL wird allein in den Sektor erneuerbare Energien gehen und vor allem auf Solar- und Windkraftwerke setzen. Die DWS versucht, die gesamte Breite des infrastrukturellen Spektrums abzudecken und versteht darunter beispielsweise auch Energieübertragungs- und Speichertechnologie, Transport und Logistik, digitale Infrastruktur wie Rechenzentren und Glasfasernetze oder soziale Infrastruktur mit Krankenhäusern, Schulen und Universitäten.

Der "Infrastruktur Europa" der DWS ist als Blindpool gestartet, KGAL geht davon aus, mit mindestens zwei Kraftwerken in einem Seed-Portfolio an den Markt zu gehen. KGAL strebt einen Börsengang an, DWS nicht. (tw)


Eine ausführliche Gegenüberstellung einerseits der Merkmale offener Immobilien- und Infrastrukturfonds und andererseits der beiden Erstlingsprodukte finden Sie in der aktuellen Ausgabe FONDS professionell 2/2023 ab Seite 240, angemeldete Nutzer auch hier im E-Magazin.