"Die Zeit der Aufwertungen dürfte in der Breite vorerst vorbei sein", lautet das zentrale Resümee einer aktuellen Fondsstudie der Ratingagentur Scope. Die Renditen offener Immobilienfonds waren in den vergangenen Jahren maßgeblich von Aufwertungen ihres Immobilienbestands getrieben gewesen. Kommt es jetzt im Zuge der veränderten Zinslandschaft zu sinkenden Gebäudewerten, werden die Fondsrenditen zurückgehen.

Der Vertrieb hat das schon zu spüren bekommen: Die Mittelzuflüsse sind 2022 gegenüber dem Vorjahr stark gesunken und die Talsohle scheint noch nicht erreicht. Scope rechnet auch für das Jahr 2023 mit rückläufigen Mittelzuflüssen, geht aber – aufgrund eines nur geringen Aufkommens an Rückgabeanmeldungen – von einem ausgeglichenen oder sogar trotz allem positiven Netto-Mittelzufluss aus.

Die Herausforderungen auf der einen …
Wegen bereits eingetretener oder befürchteter Verschlechterung ihrer finanziellen Situation halten sich viele Anleger derzeit stark zurück oder finden ähnlich gut verzinste Alternativen, die ihnen mehr Flexibilität lassen.

Büros, der am stärksten vertretene Objekttyp in den Portfolios offener Immobilienfonds, wird sich besonderen Herausforderungen stellen müssen. Der Büroflächenbedarf tendiert rückläufig, stellt Scope fest und sieht den Grund in höheren Homeoffice-Anteilen der Mitarbeiter und in einem demografisch bedingten Rückgang der Bürobeschäftigtenzahlen allgemein. Als noch schwieriger beurteilt Scope die Situation bei Shopping-Centern, die der zunehmende Trend zum E-Commerce unter Druck setzt, während Verbraucher in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ihren Konsum ohnehin einschränken.

… und die Chancen auf der anderen Seite
Allerdings bringen das veränderte Zinsumfeld und sogar die Inflation auch positive Aspekte mit sich, beschreibt Scope die Großwetterlage. Weil offene Immobilienfonds Liquidität vorhalten müssen und das überwiegend in Form von Tages- und Termingeld tun, profitieren sie von den gestiegenen Zinsen auf ihre Liquiditätsreserven, die neuerdings einen positiven Renditebeitrag leisten. Weil die meisten Gewerbemietverträge über Indexklauseln verfügen, nahmen die Mieteinnahmen zu.

Die Vermietungsstände sind mit durchschnittlich 94,2 Prozent hoch und auch während der vergangenen Jahre stabil geblieben. Weil offene Immobilienfonds mit durchschnittlich 16 Prozent sehr viel weniger Fremdkapital einsetzen als sie dürften, haben sie an dieser Stelle ein verringertes Exposure. Zu guter Letzt haben sich auch die mit dem Kapitalanlagegesetzbuch von 2013 eingeführten Mindesthalte- und Kündigungsfristen bewährt. (tw)