Offene Immobilienfonds (OIF) steckten in den vergangenen Jahren in einem Dilemma. Weil sie sich großer Beliebtheit bei Anlegern erfreuen, floss ihnen regelmäßig mehr Geld zu, als sie in neue Immobilien investieren konnten. Das verwässert die Rendite, denn bestenfalls leistet die Liquidität keinen Beitrag zur Performance, möglicherweise generiert sie sogar eine negative Verzinsung, die das Fondsergebnis belastet. Um Rückzahlungswünschen entsprechen zu können, sind OIF zwar verpflichtet, Liquiditätspolster vorzuhalten. Sie dürfen aber nicht zu sehr anschwellen, damit die Fonds überhaupt noch Erträge erwirtschaften können.

"In der Corona-Krise sind die aktuell mehr als 20 Milliarden Euro Cash hingegen ein Stabilitätsanker", urteilt die Ratingagentur Scope in einer Studie zu den Liquiditätsquoten bei OIF und ihrer Entwicklung. Durch die hohen Cash-Positionen sei derzeit sichergestellt, dass Anleger im Bedarfsfall an ihr Geld kommen – zumindest im Rahmen der durch das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vorgegeben Kündigungsfristen.

Neuer rechtlicher Rahmen bewährt sich
Die Möglichkeit, jederzeit und in beliebiger Höhe Kapital aus OIF abziehen zu können, hat in der Krise vor zwölf Jahren einige von ihnen zu vorübergehenden Schließungen und gänzlichen Abwicklungen gezwungen. Inzwischen erfreuen sich die beim Publikum wieder sehr beliebten Anlagen viel größerer Stabilität. "Ein wesentlicher Grund dafür ist die mit dem KAGB im Jahr 2013 eingeführte Mindesthaltedauer von zwei Jahren und die einjährige Kündigungsfrist", erklärt Scope. Hinzu käme, dass Gutachter bei der regelmäßig stattfindenden Bewertung der Immobilienbestände viel konservativer zu Werke gingen. Sie würden auf nachhaltig erzielbare Werte abstellen, was die Marktausschläge nach oben und unten glättet.

Für die kommenden Monate sieht Scope eine Verlangsamung der Mittelzuflüsse, was aber zumindest kurzfristig angesichts der hohen Cash-Bestände in den Fonds zu keinen Liquiditätsproblemen führen würde. Allerdings werden sich die Fondsmanager nach Einschätzung von Scope bei Investitionen in neue Objekte vorerst zurückhalten. (tw)