Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres teilte die One Group ihren Vertriebspartnern mit, dass die anstehenden quartalsweisen Zinszahlungen für vier Vermögensanlagen aufgeschoben werden müssen. Betroffen sind insbesondere die Emittentinnen "Proreal Deutschland 7" (PRD7), "Proreal Deutschland 8" (PRD8), "Proreal Europa 9" (PRE9) und "Proreal Europa 10" (PRE10). In den Jahren 2019 bis 2022 hatten sie Nachrangdarlehen in Höhe von rund 400 Millionen Euro bei nahezu 17.000 Zeichnern platziert. Gleichzeitig mit dem Auszahlungsstopp kündigte Soravia an, die Projektentwicklungs-Portfolios, in die die Anlegergelder investiert wurden, einer Analyse zu unterziehen.

In die Portfolioanalyse nicht eingebunden wurden die One-Group-Geschäftsführer Malte Thies und Oliver Quentin. Per Gesellschafterbeschluss vom 12. Januar 2024 wurden beide "mit sofortiger Wirkung" abberufen. Malte Thies, der über seine Gesellschaft Moin Invest 15 Prozent der Anteile an der One Group hielt, war da schon nicht mehr Gesellschafter. Per Notarurkunde einen Tag zuvor gingen seine Anteile in den Besitz der Muttergesellschaft OG Holding über, bevor auch diese mitsamt der von ihr gehaltenen One Group und deren weiteren rund 40 Tochtergesellschaften vier Wochen später einen neuen Eigentümer bekam. Innerhalb weniger Wochen hatte die Soravia einen großen Teil ihres Konzerns umstrukturiert.

Kanzlei erhält umfangreiche Vollmacht
Den operativen Kern dieser Umstrukturierung stellt eine recht umfangreiche Vollmacht dar, die die OG Holding Anwälten der in Frankfurt ansässigen Kanzlei Willkie Farr & Gallagher ausgestellt hat und die FONDS professionell ONLINE vorliegt. Mit Datum vom 10. Januar wurden Anwälte der Kanzlei bevollmächtigt, die Eigentümerin der One Group "bei allen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Restrukturierung oder die nach Auffassung eines Bevollmächtigten dafür nützlich sind, zu vertreten". Darunter fällt die Ausübung jeglicher Rechtsgeschäfte, sei es die Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern, sei es der Erwerb oder die Veräußerung von Geschäftsanteilen an Tochtergesellschaften. Um keinen Zweifel an der Tragweite der Bevollmächtigung aufkommen zu lassen, schließt das Dokument mit einem Appell: "Die Vollmacht soll umfassend ausgelegt werden, um den Zweck ihrer Erteilung zu verwirklichen."

Während die OG Holding mit der Tochtergesellschaft One Group und deren Töchtern bisher der Soravia Investment Holding gehörten, ist daraufhin der Firmenverbund binnen weniger Wochen ins Eigentum der ZH24 Beteiligungs zwei GmbH gegangen, die mittelbar den hinter dem gesamten Soravia-Konzern stehenden Privatstiftungen von Hanno und Erwin Soravia zuzurechnen ist.

Neue Eigentumsverhältnisse und neue Geschäftsführer
Bei den allermeisten Gesellschaften, die zur One Group gehören, ist – wie auch in der One Group selbst – inzwischen Jens Uwe Richter Geschäftsführer. Lediglich bei drei der Konzerngesellschaften nicht. Dazu befragt teilt Soravia mit, sie habe in einigen der 23 betrachteten Emittentinnen "Handlungsbedarf unterschiedlicher Ausprägung festgestellt, was dazu geführt hat, dass wir in der PRD 7 GmbH, PRE 9 GmbH und PRE 10 GmbH eine auf solche Situationen spezialisierte Geschäftsführung eingesetzt haben". Wer das ist, wollte Soravia nicht sagen, FONDS professionell ONLINE vorliegenden Informationen zufolge handelt es sich um einen ehemaligen Partner der Kanzlei Willkie.

Vier weitere Gesellschaften, die zuvor in Hamburg ansässig waren und zur Soravia Investment Holding gehörten, sind unter die Wiener Gesellschaft ZH24 Beteiligungs zwei GmbH gehängt worden. Dabei handelt es sich um die SC Finance One, SC Finance Two, SC Finance Three und SC Finance Four, an die die Emittentengesellschaften der One Group Darlehen ausgereicht haben und die ihrerseits Finanzierungen an Soravia-Projektgesellschaften weitergereicht haben. So sind etwa laut der jeweiligen Prospekte – jeweils nach Kosten der One Group – die Mittel der PRD7 an die SC Finance One, die Mittel der PRD8 an die SC Finance Two und die Mittel der PRE9 und PRE10 an die SC Finance Four gegeben worden. Diese Gesellschaften sind also die unmittelbaren Schuldner der Emittentinnen, und entsprechend hängt die Frage, welche Summe an diese – und mithin an die Anleger der Proreal-Serie – zurückgezahlt werden kann, unmittelbar vom Erfolg der über die jeweiligen SC-Finance-Gesellschaften finanzierten Projekte ab.

Nur bestimmte Gesellschaften wurden umstrukturiert
Mindestens zwei weitere Projektgesellschaften wurden aus dem operativen Konzernteil der Soravia ausgegliedert und unter die ZH24 Beteiligungs zwei GmbH gehängt. Zum einen ist das die Kurfürstenstraße 114-116 Projektentwicklungs GmbH mit einem Wohngebäude und dem Hotel "Sylter Hof" in Berlin, das 2022 seinen Betrieb eingestellt hat, zum anderen ist das die Projektgesellschaft Soravia VRG 1 GmbH, die das ehemalige Rechenzentrum der Allianz in Unterföhring kaufen wollte. Dieser Deal ist aber trotz einiger Nachverhandlungen Ende letzten Jahres geplatzt, weshalb die Projektgesellschaft mit einer Vertragsstrafe in Höhe von rund 18,3 Millionen Euro belastet ist. Zumindest die Soravia VRG 1 GmbH ist also in eine Schieflage gerutscht. Andere Projektentwicklungsgesellschaften, bei denen noch keine Probleme ruchbar geworden sind, zum Beispiel das "Beyond Office" in Berlin, sind nicht umgehängt worden.

FONDS professionell ONLINE hat Soravia mit der sich aufdrängenden Vermutung konfrontiert, dass es sich bei der Umstrukturierung um eine Maßnahme zur Erhöhung beziehungsweise Wiederherstellung der Kreditwürdigkeit der operativen Soravia-Unternehmen handelt, da die umgehängten Unternehmen von den Folgen leistungsgestörter Kredite beeinträchtigt sein könnten. Soravia wollte den geschilderten Eindruck weder bestätigen noch dementieren. (tw)