Die "Fokusgruppe Altersvorsorge" hatte in ihrem Abschlussbericht zur Novellierung der Riester-Förderung unter anderem die Variante eines neu konzipierten förderfähigen und zertifizierten Altersvorsorgedepots vorgeschlagen, in dessen Rahmen in Fonds, ETFs, aber auch in "andere geeignete realwertorientierte Anlageklassen" investiert werden kann. Für das angedachte "Fondsspardepot" soll keine lebenslange Verrentung vorgesehen werden, sondern der Auszahlungsplan soll schon mit Mitte 80 enden dürfen.

Die Abkehr von der lebenslangen Rente bei dem neuen Riester-Produkt war bei den Pensionsaktuaren von Beginn an auf Kritik gestoßen, zuletzt auf der Jahrestagung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV). Dort hatte Florian Toncar, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, klipp und klar gesagt: "Der Auszahlungsplan gehört erprobt." Und angekündigt, dass der Referentenentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge nach der Sommerpause in die parlamentarische Debatte geht, sodass das Gesetz zum 1. Januar 2025 in Kraft treten kann.

Eigene Lebenserwartung meist unterschätzt
"Die meisten Menschen brauchen eine Lebensstandardsicherung, zumal die eigene Lebenserwartung meist unterschätzt wird", widersprach Hans-Joachim Zwiesler, langjähriger Universitätsprofessor am Institut für Versicherungswissenschaften der Universität Ulm, auf der DAV-Tagung. "Heute 65-Jährige werden zu über 50 Prozent älter als 85", erinnert das langjährige DAV-Mitglied. Eine komplette Freistellung des Altersvorsorge-Vermögens wie beim "Fondsspardepot" geplant fördere das Risiko "des "Wegbrechens" finanzieller Ressourcen in höherem Alter.

Nun schob die DAV in einem Fachgespräch für die Presse weitere Fakten nach. Eine häufige Annahme sei, dass der Absicherungsbedarf in der Rente mit zunehmendem Alter abnimmt. "Doch dies kann ein riskanter Irrtum sein, da neben den Kosten für die Grundbedürfnisse die Ausgaben für Gesundheit, Pflege und altersgerechtes Wohnen oft steigen, je älter man wird", argumentiert DAV-Vorsitzender Maximilian Happacher. "Entnahmesparpläne bis zu einem bestimmten Alter, etwa 85 Jahre, bieten da keinen ausreichenden Schutz, denn danach steht der Betroffene nackt da", so Happacher weiter, der im Hauptberuf Vorstandsmitglied Lebensversicherung der Ergo International ist.

Jeder zweite heute 65-Jährige wird älter als 85
Die DAV illustriert dies am Beispiel von heute 67-Jährigen, also Geburtsjahrgang 1957. Nach Berechnungen der Aktuare auf Basis der Perioden- und Kohortensterbetafel V1 des Statistischen Bundesamtes leben von 100.000 männlichen Rentenstartern nach dem 85. Geburtstag noch rund 40.000, bei weiter steigender Lebenserwartung 48.000. Von 100.000 Frauen überleben mit 56.000 noch mehr, bei weiter steigender Lebenserwartung gar über 60.000.

"Angesichts der Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit, ein Alter von über 85 oder gar 90 Jahren zu erreichen, glücklicherweise sehr hoch ist, endet ein solcher Plan in vielen Fällen zu früh oder deutlich zu früh", stellt Happacher klar. Man müsse schlicht und ergreifend über das 85. Lebensjahr hinausdenken und seine gesamte potenzielle Lebenszeit absichern. Das gelte insbesondere für staatlich geförderte Altersvorsorge, deren Ziel es ja gerade ist, Altersarmut zu verhindern.

"Daher ist eine lebenslange Rente, die den Vorsorgebedarf im Alter abdeckt und den Lebensstandard sichert, das Mittel der Wahl, wenn es um staatlich geförderte Altersvorsorge geht", so das Fazit des DAV-Chefs. Vorsorgebedarf im Alter bestehe bis zum Tod und nicht nur bis zum Ende der angenommenen Lebenserwartung. "Deshalb sollte der Staat nur Vorsorgesysteme mit Verrentung fördern", fordern die Aktuare. (dpo)