Allianz-Chef will Versicherungen radikal vereinfachen
Lange hätten Vertriebskapazität und gute Produkte ausgereicht, um Versicherern Erfolge zu bescheren, sagt Allianz-Vorstand Oliver Bäte im Interview mit der FAZ. Heute wollten Kunden Policen, die sie wirklich verstehen. Daher setzt er ab sofort auf das Prinzip: "Einfach gewinnt."
Der Vorstandsvorsitzende des Versicherungskonzerns Allianz, Oliver Bäte, will das Vertrauen seiner Kunden zurückgewinnen – und dafür Produkte konsequent einfacher gestalten. Dies erklärt Bäte in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ.) "Wir kommen aus einer Verteilungsindustrie", so Bäte. Erfolg sei lange garantiert gewesen, wenn ein Unternehmen über Vertriebskapazität und gute Produkte verfügte. Das ändere sich jedoch.
"In Umfragen haben uns die Kunden gesagt: 'Wir vertrauen euch wieder, wenn wir verstehen, was ihr tut'", sagt der Allianz-Chef. Viele Versicherte wüssten gar nicht, welche Leistungen in einer Police enthalten seien, und welche nicht. Kaum erstaunlich, denn kein Mensch wolle einen Vertrag über 40 Seiten durchlesen. "Einer der Gründe von Unzufriedenheit und Vertrauensverlust in unserer Branche ist, dass Leute im Schadensfall merken, dass ihr Schutz nicht greift", erklärt Bäte.
Etwas zu technisch
Solche Fälle habe es auch bei der Allianz gegeben, die Versicherungsverträge mit vielen kleingedruckten Klauseln in der Vergangenheit "etwas zu technisch" angegangen sein. Damit es zu solchen Missverständnissen künftig nicht mehr kommt, wolle sein Konzern nun anders vorgehen. "Es ist mein Traum, allen Kunden ganz einfach erklären zu können, was wir versichern und was nicht", so der Allianz-Chef.
Es mache ihn fassungslos, dass die Allianz etwa für die gewerbliche Haftpflichtversicherung 370 verschiedene Produktmodule habe, davon aber nur 20 regelmäßig genutzt würden – und 25 Prozent überhaupt nicht. Künftig solle das Prinzip gelten: "Einfach gewinnt". "Damit fangen wir jetzt an. Es wird also ein paar Jahre dauern, bis wir durch sind", räumt Bäte ein.
Keine Verunsicherung im Vertrieb
Im Vertrieb rufe das neue Prinzip seiner Boebachtung zufolge keine große Verunsicherung hervor. Viele Mitarbeiter seien im Gegenteil froh, sich nicht mehr in eine Vielzahl komplexer Policen einarbeiten zu müssen. Im mittleren Management hingegen sei das anders. "Viele Stellen gibt es nur, weil es diese Komplexität gibt", sagt Bäte. Daher hätten "sogenannte Experten", die ihre Karriere nicht einem besseren Service für den Kunden, sondern eben dieser Komplexität verdankten, nun zu Recht Existenzängste. "Diesen Leuten müssen wir sagen: 'Die Zukunft wird auch für dich besser, denn wir machen endlich das, was den Kunden zufriedenstellt'", so der Allianz-Chef.
Vorsorgepolitik ist "asozial"
Dass sich die Allianz an der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) stößt, bekennt Bäte offen."Wir sind bekanntermaßen große Kritiker der EZB-Zinspolitik", erklärt er. Das liege auch an der Vorsorgepolitik in Deutschland. "Es ist richtig asozial, was gerade passiert", konstiert der Allianz-Chef.
Wer viel Geld habe, könne sich jetzt Immobilien kaufen, der Normalbürger könne das immer weniger. "Für uns heißt das, dass die Zinsgarantie viel zu teuer geworden ist und wir auf Kapitalgarantie umgestellt haben", so Bäte. "Insgesamt müssen wir früher mit der Altersvorsorge anfangen." (am)
Kommentare
Vereinfachen?
AntwortenDieses Argument habe ich vor 35 Jahren schon vernommen. Es gibt ja genug Verkaufstrainer, die immer wieder "Predigen", Texte und Verkaufsgespräche so zu gestalten, dass der Kunde seine Vorteile direkt erkennt. Der Name des Produkts ist erst beim Ausfüllen des Antrags notwendig. Ist natürlich nie passiert. Eher umgekehrt. Auf Wunsch des Verbraucherschutzes und der Beamten wurden immer mehr Erklärungen gefordert. Vor einigen Jahren bekam Frau Zypries ein Angebot mit 84 Seiten. Auf Ihre Frage was das soll, dass liest ja keiner, wurde auf die Anforderung Ihres Gesetzes verwiesen. Sie meinte daraufhin nur: "So war das aber nicht gemeint." Übrigens, wenn es einfach für den Kunden sein soll, kann sich der Vorstand exklusiv an mich wenden. Es ist so einfach das die Ideenentwickler in den Versicherungen fast darüber stolpern, aber keiner bückt sich um es aufzuheben. Derjenige Vorstand der sich bei mir meldet wird deswegen seine Umsätze klar steigern....Die Kosten dafür sind eher lächerlich, die Einsetzbarkeit ist dafür in vielen Bereichen möglich!
W.Strassnig am 13.01.18 um 00:19