Der Versicherungsanalyst Carsten Zielke hat für Versicherungsnehmer eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute ist: Nach dem Ende der Niedrigzinsphase haben sich die Solvenzquoten der deutschen Lebensversicherer durch den Zinsanstieg deutlich verbessert – auch wenn man die strengeren Anforderungen nimmt, die Zielke stellt. Die schlechte Nachricht ist: Kunden müssen schauen, ob Versicherer ausreichend hohe Renditen erwirtschaften und einen Inflationsausgleich erzielen können. Das geht aus einer Pressemitteilung des Bundes der Versicherten (BdV) hervor, der die aktuelle Solvenzanalyse von 78 Versicherern durch Zielke Research Consult in Auftrag gab.

Die Solvenzquote ist ein Maßstab, ob ein Versicherer mit seinen Eigenmitteln auch bei einem Börsencrash und Verwerfungen an den Kapitalmärkten seine Verpflichtungen gegenüber den Kunden erfüllen kann. Bei 100 Prozent oder mehr ist das der Fall. Versicherungsanalyst Carsten Zielke schaut aber nicht nur auf die offizielle, ausgewiesene Solvenzquote, die unter Berücksichtigung der erlaubten Übergangsmaßnahmen berechnet werde, sondern auch auf die reine Solvenz ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassungen.

Stille Lasten steigen
Die durchschnittliche ausgewiesene Solvenzquote verbesserte sich laut der Mitteilung von 458 Prozent im Jahr 2021 auf 601 Prozent im vergangenen Jahr. Die reine Quote erhöhte sich im Schnitt immerhin von 265 auf 390 Prozent. Die niedrigste Quote liegt hier bei 71 Prozent. Die Anzahl der Lebensversicherungsunternehmen, die eine reine Quote von unter 100 Prozent aufweisen, ist von acht im Jahr 2021 auf nur noch eines im Jahr 2022 gesunken – eben die Gesellschaft mit den erwähnten 71 Prozent. Die Kehrseite des starken Zinsanstiegs: Reserven haben sich in stille Lasten verwandelt – und das in erheblichem Maße. "Von uns noch im Frühjahr geschätzte minus vier Prozent waren viel zu optimistisch. Im Schnitt 8,1 Prozent der Kapitalanlagen sind im Minus", schreiben Zielke und sein Team.

Die Experten schauten auch auf die Marktrisiken, die eine Gesellschaft eingeht, und damit auch auf die Renditechancen für die Versicherungsnehmer: "Wenn man sich nun das Marktrisiko anschaut, dann stellt man hier einen weiteren Rückgang trotz steigender Aktienkurse von 54,6 Prozent in 2021 auf 51,0 Prozent in 2022 fest", so Zielke. "Die Gesellschaften mit dem höchsten Marktrisiko und damit den höchsten Renditechancen sind die Axa, DEVK, Deutsche Ärzte, Bayerische Beamten und die R+V-Versicherung a.G.. So gut wie kein Marktrisiko fahren die Dortmunder, die Signal Iduna, die Nürnberger Beamten, die Alte Leipziger und die Inter Risk Lebensversicherung", heißt es in der Studie. Letztere seien wohl stark in der jetzigen Zinssituation gefangen, da ja kaum Marktrisiken vorliegen. (jb)