Eine länger andauernde, professionelle Pflege ist kostspielig. Die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt nur knapp die Hälfte. Im Pflegeheim muss jeder Betroffene im Bundesdurchschnitt 2.184 Euro pro Monat selbst zahlen, Tendenz steigend. Dennoch haben nur 4,3 Millionen Bundesbürger bislang eine private Pflegezusatzpolice, wie die Ratingagentur Assekurata ermittelt hat.

"Wer hier keine große Lücke in der Absicherung riskieren möchte, kommt um eine private Zusatzabsicherung kaum herum", sagt Thorsten Bohrmann, Versicherungsanalyst beim Analysehaus Morgen & Morgen (M&M). Es gebe genug Möglichkeiten, diese Lücken zu minimieren. Denn eines sei sicher: Günstiger wird die Pflege nicht.

Blickpunkt: Pflegetagegeld
Da kommt es für Berater zur rechten Zeit, das soeben veröffentlichte Pflege-Rating 2022 von M&M. Auffällig ist, dass die Pflegelösungen im Bereich der PKV (Pflegetagegeld und Pflegekostenversicherung) aktuell wesentlich erfolgreicher sind als im Bereich Lebensversicherung (Pflegerente). "Das liegt sicherlich auch an den geringeren Beiträgen der Pflegetagegelder", resümiert Bohrmann.

Apropos Pflegetagegeld: Wie so häufig bei M&M gab es dabei eine regelrechte Flut von Spitzen-Bewertungen. 65 der 233 untersuchten Tarife von 17 Anbietern erreichten die Höchstnote von fünf Sternen (ausgezeichnet). Weitere 73 Angebote schafften die sehr gute Bewertung von vier Sternen. "Die Pflegetagegeldtarife befinden sich damit auf einem stabil guten Niveau", meint Bohrmann.

Diese 17 Anbieter kamen im Pflegetagegeld-Rating auf mindestens ein Fünf-Sterne-Produkt: Allianz, Arag, Axa, Bayerische Beamtenkrankenkasse, Concordia, DFV Deutsche Familienversicherung, Gothaer, Hallesche, HUK-Coburg, Inter, Münchener Verein, Nürnberger, R+V, UKV, Vigo, Versicherer im Raum der Kirchen (VRK) und Württembergische.

37 Leistungen abgefragt, aber keine Preise
Grundlage der Bewertung sind allein die Versicherungsbedingungen. Die Analysten sehen 37 Leistungen als ratingrelevant an. Die Leistungsfragen können entweder voll erfüllt (entspricht 100 Prozent der Punkte), eingeschränkt erfüllt (50 Prozent der Punkte) oder nicht erfüllt (null Punkte) sein. Die Top-Bewertungen setzen bei M&M diese Mindestkriterien voraus:

  • auch bei verspätet gemeldetem Versicherungsfall wird rückwirkend geleistet,
  • Versicherungsschutz besteht weiter, wenn die versicherte Person während der Versicherungsdauer ins Ausland umzieht,
  • die Pflegetagegeldversicherung kann weiterbestehen, wenn die Mitgliedschaft in der gesetzlichen beziehungsweise privaten Pflichtversicherung endet,
  • die Versicherung wird bei Eintritt eines Pflegegrades beitragsfrei gestellt,
  • der Prognosezeitraum beträgt sechs Monate,
  • Versicherer zahlt Pflegetagegeld schon bei Vorliegen von Pflegegrad 1,
  • Versicherer zahlt Pflegetagegeld bei Vorliegen der Pflegegrade 2, 3, 4 und 5 (für Bewertung vier Sterne),
  • Versicherer verzichtet auf unübliche Einschränkungen beziehungsweise Klauseln, die nicht zu den ratingrelevanten Sachverhalten gehören.

Rating auch zur Pflegerente
Zudem bewertete M&M 67 der 107 Tarife im Rating zur Pflegerentenversicherung mit fünf Sternen. Diese sechs Anbieter bieten demnach mindestens ein Fünf-Sterne-Produkt: Allianz, Generali, Ideal, Provinzial Rheinland, Swiss Life (samt Klinikrente Swiss Life und Metallrente Swiss Life) sowie Zurich Deutscher Herold.

Der Markt ist fast ausgestorben, hatte bereits im Vorjahr ein Pflegerenten-Rating des Analysehauses Franke und Bornberg gezeigt. Laut Assekurata gibt es derzeit 244.000 Pflegerenten-Policen im Bestand.

Preisprobleme in der PKV insgesamt...
Auch in der Pflegetagegeldversicherung gibt es Probleme, wo immerhin schon rund drei Millionen Policen im Bestand sind. Die immer noch niedrige Absicherungsquote lässt sich zum Teil mit der Verunsicherung der Kunden im Zusammenhang mit höheren Beitragsanpassungen in der Vergangenheit erklären, zeigte kürzlich der PKV-Marktausblick 2022/2023 der Ratingagentur Assekurata.

"Mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz 2017 erhöhte sich zum Beispiel schlagartig die Zahl der Anspruchsberechtigten, was in der Folge zu Beitragsanpassungen geführt hat", erklärt Abdulkadir Çebi, Bereichsleiter Analyse und Bewertung bei Assekurata. Die Anpassung 2017 sei jedoch zu gering bemessen gewesen, so dass eine Nachkalkulation nötig war, die seit 2020 wiederum zu hohen Beitragsanpassungen geführt habe.

Im Durchschnitt kletterten die Monatsbeiträge im Bestand der Pflegetagegeldversicherung laut Assekurata 2017 um 10,87 Prozent und 2020 sowie 2021 jeweils um rund 9,5 Prozent, während sie 2022 um etwa 6,4 Prozent angehoben werden, schätzt Assekurata. In der Spitze gab es jedoch in den Vorjahren zum Teil Preiserhöhungen von 30 Prozent und mehr.

... und beim Pflegetagegeld im Besonderen
Ursache: Neben den veränderten Leistungen ist die allgemein gestiegene Lebenserwartung ("verschobene" Sterblichkeit) ein zweiter Grund für Preisanpassungen in der PKV. Die auslösenden Faktoren "Leistung" und "Sterblichkeit" weichen in den vergangenen fünf Jahren gerade in der Pflegetagegeldversicherung vermehrt von der ursprünglichen Kalkulation ab. Beträgt die Abweichung über zehn Prozent (mitunter in AVB auch fünf Prozent festgelegt), muss neu kalkuliert werden.

Häufig werden diese Schwellen, zu denen man inzwischen auch den Rechnungszins hinzuzählen müsste, erst nach mehreren Jahren erreicht und führen dann zu heftigen Nachholeffekten. Darunter leidet im Bereich der Pflegezusatzversicherung insbesondere die Pflegetagegeldversicherung. In Ratings wird dieser Preisaspekt meist nicht berücksichtigt. (dpo)