Nach einer Umfrage unter deutschen Lebensversicherern übt die Finanzaufsicht Bafin unverhohlen Kritik: Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei bei vielen Policen schlecht, heißt es in einem Artikel in der neuesten Ausgabe des "Bafin-Journals". Die Aufsicht sieht vor allem reichlich Verbesserungsbedarf im Produktfreigabeverfahren und "beim Umgang mit potenziellen Interessenkonflikten im Vertrieb". Ein großer Dorn im Auge sind den Autoren zufolge sogenannte "Kickbacks", also Rückvergütungen, die Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) direkt an Vermittler von fondsgebundenen Versicherungen zahlen.

In ihrer Abfrage wollte die Bafin wissen, wie hoch 2021 die Kostenbelastung bei den meistverkauften Policen lag. Das Ergebnis: Bei einem Eintrittsalter von 37 Jahren und einer Policen-Laufzeit von 30 Jahren belaufen sich die Effektivkosten im gewichteten Mittel auf 1,9 Prozent. Zudem hat die Bafin Informationen zu Rückvergütungen erfragt. Dabei kam die Aufsicht zu dem Resultat, dass KVGen etwa bei einem Drittel ihres Neugeschäfts mit den meistverkauften fondsgebundenen Produkten solche Zahlungen an den Lebensversicherer leisten. Diese lägen im gewichteten Mittel pro Jahr bei knapp über 0,30 Prozent des Fondsguthabens und reichten in der Spitze bis über 1,20 Prozent, so die Autoren.

Kostenvorteile weiterreichen
Bei Rückvergütungen handelt es sich um Kostenvorteile, an denen die Investmentgesellschaften die anbietenden Versicherer teilhaben lassen. Zu einer Ersparnis bei den Verwaltungskosten kommt es, weil KVGen diese immer mit Blick auf den einzelnen Privatanleger kalkulieren – und natürlich Vertriebsprovisionen einrechnen. Die Assekuranz kauft die Sondervermögen jedoch im großen Stil, was die Vertriebs- und Verwaltungskosten enorm drückt.

Versicherungsgesellschaften verbuchen Rückvergütungen in der versicherungstechnischen Ertragsrechnung unter dem Posten "Übriges Kostenergebnis". Die Zahlungen werden gegen die kalkulierten Kosten gerechnet. Fallen diese dadurch niedriger aus als projektiert, ergibt sich ein Überschuss. 50 Prozent davon haben Fondspolicenanbieter an ihre Kunden weiterzureichen.

Rückvergütungen direkt an den Vermittler 
Ganz anders ist es bei Rückvergütungen, die KVGen direkt an die Vermittler von Fondspolicen fließen lassen. Dieser Fall kommt deutlich seltener vor. In die Kritik geriet das Modell zuletzt im Dezember 2021, als bekannt wurde, dass die DVAG für fondsgebundene Rentenversicherungen, in denen bestimmte Fonds der DWS stecken, gleich doppelt Geld erhält: zum einen eine Provision des Versicherers Generali, zum anderen eine Vergütung direkt von der DWS. In der gesamten Lebensversicherung hat der Finanzvertrieb sein Neugeschäft 2021 um 11,2 Prozent auf 19,1 Milliarden Euro (Versicherungssumme) gesteigert. Gemessen an den laufenden Beiträgen beziffert das Frankfurter Unternehmen seinen Marktanteil auf mittlerweile 8,4 Prozent.

Die Bafin hat nun ermittelt, dass nach Kenntnis der Lebensversicherer KVGen gemessen an der Beitragssumme des untersuchten Neugeschäfts mit fondsgebundenen Produkten bei etwa 19 Prozent Rückvergütungen direkt an die Vermittler zahlen. Nur in etwas weniger als der Hälfte dieser Fälle kennen die Lebensversicherer die konkrete Höhe dieser Rückvergütungen, die im gewichteten Mittel bei rund 0,50 Prozent liegen.

Interessenkonflikte nur schwer zu identifizieren
Das weise darauf hin, dass es für einige Lebensversicherer nur eingeschränkt möglich ist, etwaige Interessenkonflikte im Vertrieb zu identifizieren und die gesetzlichen Vorgaben zur Vertriebsvergütung umzusetzen, heißt im "Bafin-Journal". Denn: Erhält ein Vermittler bei einem fondsgebundenen Produkt Rückvergütungen der KVGen, so ist für ihn die Versuchung groß, Kunden einfach Fonds mit den jeweils höchsten Rückvergütungen zu empfehlen. "Solche Interessenkonflikte einzuschätzen und angemessen mit ihnen umzugehen, ist für den Lebensversicherer nur dann möglich, wenn er die Höhe der Rückvergütungen kennt", so das Resümee der Bafin.

Die Aufseher machen zugleich auf einen weiteren wichtigen Punkt aufmerksam: Anders als Rückvergütungen, die an den Versicherer gezahlt werden, erhöhen solche, die an die Vermittler fließen, nicht den Überschuss – und damit auch nicht die Überschussbeteiligung der Fondspolicen-Kunden. "Sie stellen vielmehr eine zusätzliche Vertriebsvergütung dar, die aus der Managementgebühr der KVG finanziert wird und daher tendenziell die Kosten des fondsgebundenen Lebensversicherungsprodukts erhöht", stellt das "Bafin-Journal" fest. Dadurch erhöhe sich die Gefahr, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis aus Perspektive der Versicherungsnehmer nicht mehr angemessen ist. (am)


Einen ausführlichen Artikel über Rückvergütungen bei Fondspolicen lesen Sie in der neuen Ausgabe 1/2022 von FONDS professionell, die Ende März erscheint.