Arbeitgeber und Berater suchen händeringend nach renditestarken Lösungen in der betrieblichen Altersversorgung (bAV), um die Inflation nachhaltig zu schlagen. Im Blickpunkt stehen seit geraumer Zeit kapitalmarktorientierte Zusagen. Dabei spielt die reine Beitragszusage (rBZ), bislang nur in von Tarifpartnern organisierten Sozialpartnermodellen (SPM) erlaubt, eine zentrale Rolle. "Wir halten am Ziel fest, SPM für möglichst viele Unternehmen und Beschäftigte nutzbar zu machen", sagte Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), vergangene Woche auf der bAV-Handelsblatt-Tagung in Berlin.

Schmachtenberg spielte damit auch auf den Beschluss des IG-Metall-Gewerkschaftstages an, der zuletzt gegen die Einführung eines SPM entschieden hatte. Zwar sei der Beschluss für den IG-Metall-Vorstand nicht bindend und auch in den Tarifrunden könnten die Ergebnisse anders aussehen, doch das Signal contra moderne bAV durch eine große Gewerkschaft ist unübersehbar. "Hauptbeweggrund scheint die Ablehnung des Prinzips der rBZ gewesen zu sein", meinte Schmachtenberg. Dies sei "bedauerlich" und zugleich "sehr sportlich", da die IG Metall im Branchenversorgungswerk Metallrente mit rund einer Million Versorgungsberechtigten Kapitalanlage-Ergebnisse oberhalb der rBZ anpeilt. "Ich sehe sachlich keine echte Alternative zum SPM und bin von der Qualität dieses Modells weiterhin überzeugt", so der Staatssekretär.

BRSG II verzögert sich weiter
In der Praxis soll laut BMAS bald ein "Betriebsrentenstärkungsgesetz 2024" mit Verbesserungen im Arbeits-, Steuer- und Finanzaufsichtsrecht kommen. Man arbeite bereits an Gesetzesformulierungen. Auch das BMF arbeitet an Regelungen im Finanzaufsichtsrecht und im Steuerrecht, informierte BMF-Staatssekretär Florian Toncar auf der Tagung. Der gemeinsame Gesetzentwurf von BMAS und BMF, ursprünglich schon für 2023 vorgesehen, soll nun erst zum 1. Januar 2025 in Kraft treten, im Zuge dessen eine SPM-Öffnung für nicht-tarifgebundene Firmen geplant ist.

Aktuell beobachtet Christian Remke, Vorstandssprecher des Metzler Sozialpartner Pensionsfonds, großes Interesse zahlreicher Firmen zum Andocken an bestehende SPM-Strukturen. Metzler verantwortet die Kapitalanlage beim Energie-SPM. Remke hofft auf gesetzliche Neuerungen, die ein leichteres Andocken an bestehende Tarifverträge ermöglichen, eine SPM-Nutzung für nicht-tarifgebundene Arbeitgeber erlauben und auch auf zusätzliche steuerliche Förderung.

Andocken weiterer Branchen an Chemie-Sozialpartnermodell
Das SPM ist eine Zusatzoption im bunten bAV-Strauß der Chemie, aber nur für neue Mitarbeiter seit 2022 im Angebot, erinnert Elvira Wittke. "Bisher sind schon mehr als 50 Firmen im Boot", so die Tarifjuristin der IG Bergbau, Chemie, Energie auf der Tagung. 2024 sei eine Ausweitung des SPM auf weitere BCE-Branchen geplant, zu denen Glas, Papier, Keramik und Bergbau zählen. "Die Keramikbranche hat den Flächen-Tarifvertrag schon für das Chemie-SPM geöffnet, die Glasindustrie gestaltet gerade ihren Tarifvertrag in dieser Richtung aus", berichtete Wittke.

Die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) nutzt inzwischen das Chemie-SPM, informierte Personal-Bereichsleiterin Gabriele Ries auf der Tagung. Basis sei ein Haus-Tarifvertrag für 2.500 Mitarbeiter. Zuvor war die bAV im Betrieb auch schon über den Chemie-Pensionsfonds gelaufen, doch dessen Performance stagnierte in den letzten beiden Jahren. Das Chemie-SPM, ebenfalls vom Chemie-Pensionsfonds organisiert, sei eine bessere Alternative wegen der höheren Renditeaussichten durch die Zielrente (Garantieverbot) und des lukrativen Arbeitgeberzuschusses.

Sprung vom Haustarif auf Flächentarif nötig
Fazit auf der Tagung: Mittel der Wahl für SPM sind aktuell überwiegend Haus-Tarifverträge, also nur kleine Kollektive, die bei "großen Tankern" andocken, wie zuletzt die Bundesgesellschaft für Endlagerung beim Chemie-SPM. Wie zu hören war, arbeiten der BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi an weiteren SPM-Angeboten. Vielfach ist eine längere Vorbereitung nötig, da in manchen Branchen weder klare Sozialpartner noch bAV-Einrichtungen existieren, so innerhalb der Freien Berufe wegen sehr unterschiedlicher Firmenstrukturen. (dpo)