Nahezu im Gleichschritt arbeiten zwei Ministerien aktuell an Gesetzesformulierungen zur Reform der Altersvorsorge: das BMAS zu Verbesserungen bei der Betriebsrente und das BMF zur Novellierung der privaten Altersvorsorge. Dazu ist ein gemeinsamer Gesetzentwurf beider Häuser geplant, wurde auf einer Handelsblatt-Fachtagung im vergangenen November deutlich. Doch die Umsetzung hakt: Laut BMF-Staatssekretär Florian Toncar steht noch kein konkreter Monat für das Inkrafttreten fest, es sei "aber zum 1. Januar 2025 wahrscheinlich".

Was die Betriebsrente betrifft, soll es laut BMAS-Staatssekretär Rolf Schmachtenberg 24 Neuerungen zur bAV mit den drei Schwerpunkten Arbeits-, Steuer- und Finanzaufsichtsrecht geben. Details sind noch weitgehend unbekannt. Allerdings wird die Betriebsrente durch Rechtsprechung und andere Gesetze dennoch weiterentwickelt. Beispiel Wachstumschancengesetz: Hier zeichnen sich mit Blick auf die bAV einige steuerliche Vergünstigungen ab. Allerdings ist das Gesetz noch nicht in Kraft, da der Bundesrat am 24. November den Vermittlungsausschuss angerufen hatte und bei Redaktionsschluss noch unklar war, ob der Haushalt 2024 Steuererleichterungen überhaupt hergibt. Es kündigt sich wieder ein spannendes bAV-Jahr an.

Ansatz zu Steuerbilanz für Pensionsrückstellungen weiter zu hoch
Unbefriedigend für Arbeitgeber bleibt die Regelung, wonach zur Ermittlung von Pensionsrückstellungen weiterhin ein Rechnungsfuß von 6,0 Prozent in der Steuerbilanz verwendet werden muss (nach Paragraf 6a EStG). Die Hoffnungen, einen realistischeren, deutlich niedrigeren Zins anzusetzen, hatte das Finanzgericht Köln geschürt, das in dieser Regelung einen Verstoß gegen Artikel 3 des Grundgesetzes sah und dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung vorgelegt hatte (Az.: 2 BvL 22/17).

Nach langem Abwarten hat das BVerfG die Kölner Vorlage mit Beschluss vom 28. Juli 2023 (externer Link) als unzulässig abgewiesen. Sie sei nicht ausreichend begründet. "Im Kern hat das BVerfG damit nicht über die Verfassungsmäßigkeit des EStG-Rechnungszinses von 6,0 Prozent für Pensionsrückstellungen geurteilt, lediglich die Beschlussvorlage des Finanzgerichts wurde als unzulässig abgewiesen", heißt es beim Pensionsberater Longial. Die Situation dürfte somit für Arbeitgeber, die auf Direktzusagen setzen, steuerbilanziell unbefriedigend bleiben.

Mehr Anreize, weniger Bestrafung
Kurz vor Weihnachten hat sich Henriette Meissner, Geschäftsführerin der Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Generalbevollmächtigte für die bAV der Stuttgarter Lebensversicherung, mit weihnachtlich gefärbten Wünschen für die bAV 2024 an Regierung, Politik, Verwaltung und Justiz gewandt. "Mein erster Wunsch an Weihnachten ist, dass doch bitte Knecht Ruprecht, der sich wahlweise bei unserer Regierung und obersten Gerichten Anregungen zur Bestrafung abholt, seine Rute häufiger zu Hause lässt", so die ausgewiesene Betriebsrenten-Expertin.

Anreiz sei in der bAV allemal besser als Bestrafung und Bürokratie. 2023 waren die zwei schlimmsten Exzesse das Pflege- und Unterstützungsgesetz, das sehr kurzfristig erheblichen Aufwand für Arbeitgeber und Versorgungsträger auch in der bAV produzierte, und die Urteile des Bundesarbeitsgerichts zum Kapitalwahlrecht des Arbeitgebers, die die ohnehin schon geringen Freiheiten des Arbeitgebers weiter einschränken (Az.: 3 AZR 501/21 und 3 AZR 220/22; externer Link). In der Konsequenz führt dies bei Pensionszusagen und Unterstützungskassen zu reinen Kapitalzusagen ohne Rentenoption, "und so sieht ja auch der Trend bei mancher Konzernneugestaltung mit dem Ziel der Risikominimierung aus", kritisiert Meissner.

Mehr Digitalisierung, weniger Bürokratie
Ihr nächster Wunsch: Die Digitalisierung, bei der es in der öffentlichen Verwaltung ohnehin hakt, sollte nicht noch weiter behindert werden. In der bAV gebe es bereits viele gute Lösungen, die auch noch bedienerfreundlich sind. Daher sollte das unsägliche Schriftformerfordernis aus dem 19. Jahrhundert (Pensionszusage, Unterstützungskasse, Nachweisgesetz) endlich an die heutige Zeit angepasst werden. "Dies kostet den Gesetzgeber wenig und bringt viel", so Meissner.

Zudem hofft die Betriebsrenten-Expertin 2024 bei der angedachten bAV-Reform auf eine vernünftige Adjustierung zwischen Chancen und Risiko. Sie plädiert für eine Regelung mit Augenmaß, die auch in der bAV abgesenkte Garantien und eine deutliche Chance auf ein Mehr an Rendite durch mehr Sachwertanlagen verbindet – auch in der Rentenphase. "Wir brauchen höhere Rendite und lebenslange Rentenphasen", erinnert Meissner.

Freiwillige bAV für Unternehmer nicht in Frage stellen
Zudem wünscht sie sich für die vielen Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF), deren Unternehmen den Mittelstand bilden und Deutschland in der Breite Wohlstand gebracht hätten, eine vernünftige bAV-Planung. Sie dürften nicht weiter Jahrzehnte nach Abschluss von Pensionszusagen durch die Finanzverwaltung und den Bundesfinanzhof Torturen ausgesetzt werden, indem die Vorsorge nicht selten als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt wird.

"Die Regierung plant auf der einen Seite eine Zwangsversorgung für Selbständige, aber auf der anderen Seite wird die freiwillige bAV der Unternehmer von Betriebsprüfern in Frage gestellt." Das passe nicht und erschüttere auch das Vertrauen der GGF in die bAV für ihre Beschäftigten. Bisher ist dies oft ein frommer Wunsch geblieben. (dpo)