Der Fall kommt häufig im Alltag vor: Eine GmbH erteilt ihrem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) eine Pensionszusage. Diese sieht als Leistungsvoraussetzung unter anderem das Ausscheiden aus der Gesellschaft vor. Mit seinem Dienstaustritt nach Erreichen der Altersgrenze erhielt der GGF von der GmbH eine laufende Altersrente. Soweit, so klar.

Die GmbH trennte sich jedoch vom GGF-Nachfolger bereits nach kurzer Zeit wieder. Daraufhin erhielt der alte GGF erneut ein Anstellungsverhältnis als Geschäftsführer – mit unverändertem Aufgabengebiet. Die Zahlung seiner Altersrente wurde ohne Unterbrechung fortgesetzt. Parallel erhielt er eine Geschäftsführer-Vergütung. In Summe machten die Pensionszahlungen und das Gehalt jedoch lediglich 26 Prozent der früheren Vergütungshöhe aus.

BFH ermöglicht nun größeren Gestaltungsspielraum
Die Finanzverwaltung lehnte zunächst die steuerliche Anerkennung der parallelen Zahlung von Betriebsrente und Gehalt unter Hinweis auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) ab. Der Fall ging vor Gericht. Das Finanzgericht Münster sah ebenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Doch der BFH hielt in der Revisionsverhandlung und im Urteil vom 15. März 2023 nicht länger uneingeschränkt an seiner restriktiven Rechtsprechung fest: Die steuerliche Anerkennung der parallelen Zahlung von Betriebsrente und Gehalt wird nur noch bei uneingeschränkten Zahlungen versagt (Az.: I R 41/19; externer Link).

"Seine grundsätzliche Haltung, wonach sich Zahlungen von Versorgung und Gehalt in aller Regel ausschließen, gab der BFH zwar nicht auf", erläutert Ulrike Taube. "Die in diesem Zusammenhang entwickelten Grundsätze will der BFH aber nur noch auf uneingeschränkte Zahlungen angewendet wissen", so die Geschäftsführerin des bAV-Dienstleisters Longial, der zur Ergo-Gruppe gehört. Eine GmbH würde demnach einem GGF zwar nicht gleichzeitig die volle Versorgung und auch ein volles Gehalt zahlen. Es sei aber auch nicht zu erwarten, dass ein "pensionierter" Geschäftsführer umsonst weiterarbeitet. Daher sei es laut BFH nachvollziehbar, wenn neben der bAV auch für die Tätigkeit als Geschäftsführer ein Gehalt bis zur Höhe der Differenz zwischen der Versorgung und den letzten Aktivbezügen aufgewendet wird. Dann seien die Zahlungen auch nicht aufeinander anzurechnen.

Gehalt auch unter Marktwert für "Pensionär" erlaubt
In der Urteilsbegründung stellt der BFH zudem klar, dass sich der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) hier auch nicht aus der Tatsache herleiten lässt, dass ein unüblich niedriges Gehalt vereinbart wurde. Bereits in früheren Entscheidungen hatte er ausgeführt, dass es Gesellschaftern vielmehr unbenommen sei, für die GmbH Dienstleistungen auch unter Marktwert zu erbringen. Das Urteil hat großen praktischen Wert. "Dass GGF länger als ursprünglich geplant für ihre GmbH tätig bleiben, kommt bei unseren Kunden nämlich nicht selten vor", berichtet Taube.

Wie eine Regelung in einer Versorgungszusage aussehen kann, zeigt ein Hinweis aus der Urteilsbegründung: Es ist unschädlich, wenn Versorgungszusagen für den Fall einer über das Pensionsalter andauernden Beschäftigung vorsehen, dass der Beginn der Zahlung der bAV unter Vereinbarung eines nach versicherungsmathematischen Maßstäben berechneten Barwertausgleichs aufgeschoben wird. "Es ist also zulässig, in Versorgungszusagen zu regeln, dass als Ausgleich für den späteren Bezug eine erhöhte Betriebsrente gezahlt wird", interpretiert die Longial-Chefin.

Regelung in neuen Versorgungszusagen verankern
Werden Versorgungszusagen neu erteilt, sollten entsprechende Regelungen von Beginn an aufgenommen werden – auch, um Herausforderungen bei der Anerkennung nachträglicher Änderungen zu vermeiden. "Wer eine Versorgungszusage neu erteilt, kann beispielsweise erwägen, diese kongruent rückgedeckt mit einer Verfügungsphase zu gestalten", empfiehlt Taube.

Die zugesagten Leistungen richten sich dabei nach den Leistungen der Rückdeckungsversicherung. "Sieht die Zusage also vor, dass die bAV erst nach dem Ausscheiden gezahlt wird und bleibt der GGF über die Altersgrenze hinaus tätig, erhöht sich während der Verfügungsphase die Anwartschaft auf die Betriebsrente entsprechend der Entwicklung der Rückdeckungsversicherung", so die bAV-Beraterin. (dpo)