Eine Auslandsreise-Krankenversicherung darf nach ihren AVB-Klauseln den Versicherungsschutz für einen "bereits vorher bekannten medizinischen Zustand" des Kunden nicht ausschließen. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 10. Juli 2024 entschieden (Az.: IV ZR 129/23; externer Link). Die Klausel "verstößt gegen das Transparenzgebot und ist daher unwirksam", so der BGH. Ein durchschnittlicher Versicherter könne bei der Formulierung gar nicht erkennen, "welche vor Reiseantritt bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu einem Leistungsausschluss führen können", heißt es in der Urteilsbegründung.

Die Klausel lautet verkürzt: "Keine Leistungspflicht besteht: Bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand, der der versicherten Person bekannt war, als sie die Kreditkarte beantragte, bzw. bei der Buchung der Reise, je nachdem, was am kürzesten zurückliegt, insbesondere, weswegen die versicherte Person während der letzten zwölf Monate einen Krankenhausaufenthalt hatte, Testergebnisse erwartet oder auf der Warteliste für eine Operation, Konsultation oder Untersuchung steht oder die Diagnose 'unheilbar' und/oder 'chronisch' erhalten hat."

Reise wegen vorhandener Krankheit nicht versichert?
Im konkreten Fall hatte ein Versicherter neben einer eigenständigen Auslandsreise-Krankenschutzversicherung zusätzlich noch über seine Lufthansa-Kreditkarte den Auslandsreise-Krankenschutz vereinbart. Als der Kunde, der zuckerkrank ist, 2018 für mehrere Monate nach Florida reiste, musste er schon nach drei Wochen für mehrere Tage wegen einer Bakteriämie auf Basis eines Harnwegsinfektes und einer Entgleisung seines Diabetes ins Krankenhaus. Seine eigentliche Auslandsreise-Krankenversicherung übernahm dafür 34.000 Euro Kosten, wollte aber die Hälfte vom Kreditkarten-Versicherer zurück.

Der über den Kreditkarten-Anbieter involvierte Versicherer wollte sich an den Kosten nicht beteiligen. Er verwies auf seine Versicherungsbedingungen (AVB). Danach besteht kein Versicherungsschutz für einen "bereits vorher bekannten medizinischen Zustand". Hier sei der Versicherte bei der Reisebuchung bereits an Diabetes erkrankt gewesen und habe deshalb stationär behandelt werden müssen.

Streit unter Versicherern
Der zweite Versicherer wurde vom ersten Versicherer auf 17.000 Euro Regress verklagt. Die ersten beiden Instanzen, LG Köln und OLG Köln, verweigerten dies, erkannten aber grundsätzlich an, dass es sich um unvorhergesehene Erkrankungen handelte und für den Reisenden Versicherungsschutz bestand. Der Kreditkarten-Versicherer sollte aber wegen des "bereits vorher bekannten medizinischen Zustandes" dennoch nicht die Hälfte der Kosten übernehmen müssen. Dem schob der BGH nun einen Riegel vor.

Der durchschnittliche Versicherte könne mit der Klausel gar nicht erkennen, welche vor Reiseantritt bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu einem Leistungsausschluss führen können. Auch sei nicht klar, in welchem Umfang ein "medizinischer Zustand" den Versicherungsschutz ausschließt. Bei einer den Schutz einschränkenden Ausschlussklausel müssen dem Kunden die damit verbundenen Nachteile und Belastungen so verdeutlicht werden, dass er den danach noch bestehenden Umfang der Versicherung erkennen kann, hatte der BGH bereits mit Urteil vom 8. Mai 2013 entschieden (Az.: IV ZR 174/12; externer Link).

Begründung spannend für Kunden mit Vorerkrankung
Welcher "medizinische Zustand" zu einem Leistungsausschluss führt, wird in der Klausel des Kreditkarten-Versicherers nicht verständlich definiert, moniert der BGH. Die Beispiele in der Klausel bezögen sich nur teilweise, aber nicht durchgehend auf schwerwiegende Erkrankungen. Der Versicherte habe danach keine Möglichkeit zu erkennen, welche weiteren Erkrankungen, die von keinem der Beispiele erfasst sind, auch zum Leistungsausschluss führen können.

In welcher Höhe sich der Kreditkarten-Versicherer an den Kosten zu beteiligen hat, muss das Berufungsgericht nachträglich prüfen. In Betracht kämen laut AVB jedoch nur Kosten für die Heilbehandlung, nicht jedoch Kosten für einen Dienstleister, der bei der Abrechnung der Behandlungskosten eingeschaltet wurde. Der BGH wies die Sache in vollem Umfang an das OLG Köln zurück. (dpo)