Die Analyse "Betriebswirtschaftliche Strukturen des Versicherungsvertriebs – BVK-Strukturanalyse 2022/2023" zeigt: 19 Prozent der Einfirmen-, 35 Prozent der Mehrfachvertreter sowie 37 Prozent der Versicherungsmakler kommen auf weniger als 100.000 Euro Umsatz. Zwei Jahre zuvor lagen diese Werte noch bei 22 Prozent für Vertreter, 42 Prozent der Mehrfachagenten sowie 36 Prozent für Makler.

Über alle Vermittlertypen hinweg erzielt knapp jeder 50. Befragte nicht einmal 25.000 Euro Umsatz. "Dies ist keine ausreichende Größenordnung, um einen professionell organisierten Betrieb einschließlich Mitarbeitern zu finanzieren", analysieren die Studienautoren Matthias Beenken und Lukas Linnenbrink, beide Professoren an der Fachhochschule Dortmund. Das Problem sei, dass sich mit diesen niedrigen Werten weder Arbeitsteilung noch Spezialisierung umsetzen ließen, obwohl diese den Ertrag der Betriebe signifikant steigerten.

Dominanz der Ausschließlichkeit verzerrt Gesamtbild
Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) untersucht die Lage in den Vermittlerbetrieben alle zwei Jahre, die FH Dortmund wertet die Ergebnisse aus. Per Online-Umfrage kamen diesmal 1.842 bereinigte Fragebögen in die Wertung (2020: 3.233). Bei den Teilnehmern dominiert die Ausschließlichkeit (89,9 Prozent), während nur 6,4 Prozent Versicherungsmakler und 3,7 Prozent Mehrfachvertreter dabei waren. "Damit ist die Stichprobe nicht repräsentativ für den gesamten Vermittlermarkt", konstatieren die Autoren. Beenken war bei einer handelsrechtlichen Erhebung von 2013 auf 61 Prozent Marktanteil der hauptberuflichen Ausschließlichkeit, 26 Prozent Makler und knapp 13 Prozent Mehrfachvertreter gekommen.

Nach der Studie kommen Versicherungsvermittler im Schnitt auf 272.400 Euro Umsatz (2020: 265.000 Euro), Makler jedoch auf den höchsten Wert von 298.300 Euro (2020: 281.700 Euro). Gemessen wurde dies in der Analyse jedoch nicht anhand der tatsächlich angegebenen Werte, sondern nach Mittelwerten verschiedener Umsatzklassen. Berücksichtigt wurde zudem nur der kalkulatorische Unternehmerlohn, der sich am Gehalt für eine vergleichbare Vollzeittätigkeit zuzüglich der bei Angestellten gewährten Arbeitgeberzuschüsse zur Sozialversicherung und zuzüglich eines Risikozuschlags orientiert.

Umsatz von Versicherungsvermittlern

Quelle: BVK

Mehr Gewinn, aber vielfach noch zu wenig
Interessanter für die Perspektive eines Vermittlerbetriebes ist jedoch der Gewinn. Für die Zwecke der Studie wurde dazu der Jahresüberschuss einschließlich eines eventuellen Gehalts des oder der geschäftsführenden Gesellschafter im Fall einer Kapitalgesellschaft erfragt. Ergebnis: Im Durchschnitt liegen die Gewinne nach Vermittlertyp mit 103.700 Euro relativ nahe beieinander (2020: 103.300 Euro). Es verfestigt sich jedoch der Trend, dass Makler (aktuell 93.400 Euro Gewinn) und Mehrfachvertreter (aktuell 98.800 Euro Gewinn) bei vergleichbaren Betriebsgrößen weniger Gewinn erwirtschaften als Ausschließlichkeitsvertreter (104.600 Euro), heißt es in der Studie.

Die Durchschnitte sind wie beim Umsatz nicht aus den tatsächlich angegebenen Gewinnen berechnet worden, sondern nach Gewinnklassen. Ein alarmierendes Ergebnis dabei: Rund 18 Prozent der Ausschließlichkeits-, 30 Prozent der Mehrfachvertreter und 31 Prozent der Makler erzielen keine 50.000 Euro Gewinn. Zwei Jahre zuvor hatten rund 20 Prozent der Ausschließlichkeits-, 37 Prozent der Mehrfachvertreter und 39 Prozent der Makler diese Gewinnschwelle nicht geknackt.

Gewinn von Versicherungsvermittlern

Quelle: BVK

Unter 50.000 Euro Gewinn lohnt Gewerbe nicht
"Gemessen an den Tarifgehältern der Angestellten des Versicherungsgewerbes sind diese Werte keine zufriedenstellende Einkommensperspektive, zumal die Vorsorge allein und ohne Arbeitgeberzuschüsse finanziert werden muss und das unternehmerische Risiko einen Aufschlag auf den Gewinn rechtfertigen sollte", so Beenken.

Laut BVK sollte der Gewinn mindestens so hoch sein wie das Jahresgehalt eines Arbeitnehmers mit dem entsprechenden Tätigkeitsprofil. Einzelunternehmer sollten deutlich über 50.000 Euro Gewinn vor Steuern erzielen, um die vielfältigen Aufgaben, die Verantwortung und das unternehmerische Risiko des Inhabers eines Vermittlerbetriebes angemessen honoriert zu bekommen.

Immer weniger Vermittler, aber Konsolidierung des Marktes spürbar
Laut Vermittlerregister gab es im August noch gut 183.000 gewerbliche Versicherungsvermittler. Davon waren 103.000 an Versicherer gebunden und gut 46.000 unabhängige Makler. Laut AfW-Vermittlerbarometer, der jährlichen Online-Branchenumfrage des AfW Bundesverbands Finanzdienstleistung, erzielte ein freier Finanzvermittler 2022 im Schnitt 196.000 Euro Umsatz (+ 62 Prozent) und 75.000 Euro Gewinn (+ 17 Prozent). Allerdings liegen 50 Prozent der Vermittler mit ihrem Gewinn unterhalb von 55.000 Euro pro Jahr, lediglich ein Viertel schaffte über 100.000 Euro. Rund 80 Prozent der befragten 1.305 Vermittler wiesen sich dabei als unabhängige Versicherungsmakler aus.

"Der Anstieg des durchschnittlichen Gewinns ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass es einen Anstieg der Teilnehmergruppe gab, die Gewinne jenseits der 300.000-Euro-Marke angegeben hat", so AfW-Vorstand Frank Rottenbacher. Den Umsatzsprung begründet er damit, dass die Teilnehmer erstmals exakte Umsatzwerte anstatt nur Umsatzgrößenklassen angeben konnten. Zudem hätten kleine Vermittlerbüros aufgegeben oder wurden übernommen. Durch die Schaffung größerer Einheiten und durch den Einsatz digitaler Technik könne die Effizienz gesteigert werden. (dpo)