Trotz der niedrigen Zinsen hat die Lebensversicherung eine "sehr attraktive" Zukunft. Davon ist Jochen Ruß überzeugt. Er ist Geschäftsführer des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (Ifa) in Ulm und Professor an der dortigen Universität. Allerdings sei die Lebensversicherung nicht mehr primär als Sparprodukt fürs Alter geeignet, sondern vielmehr dazu, sich ein lebenslanges Einkommen zu sichern.

"In einer Welt ohne Zinsen kann eine Versicherung all das bieten, was früher möglich war – mit einer Ausnahme: Es gelingt nicht mehr, Geld garantiert zu vermehren. Aber das schaffen Investmentfonds oder Bankprodukte auch nicht mehr", sagte Ruß im Interview mit FONDS professionell, das in voller Länger in der neuen Heftausgabe 4/2016 erschienen ist.

Es sei ein Wunsch vieler Kunden, dass sich ihr Geld garantiert vermehre, auch wenn das gar nicht ihrem eigentlichen Bedarf entspreche. Sehr wichtig sei vielmehr etwa ein lebenslanges Einkommen im Alter. "Also eine Versicherung gegen das Risiko, länger zu leben, als das Ersparte reicht", so Ruß.

Lebenserwartung systematisch unterschätzt
Ruß zufolge unterschätzen die meisten Menschen systematisch ihre Lebenserwartung. "Es gibt statistische Daten, die fast 200 Jahre zurückreichen. Demnach steigt die Lebenserwartung mit schier unfassbarer Gleichmäßigkeit pro Dekade um 2,5 Jahre." Dies sei den wenigsten in aller Konsequenz bewusst. "Ein Grund dafür könnte sein, dass der Todeszeitpunkt der Generation der Eltern und Großeltern einen 'mentalen Anker' darstellt. Das ist gefährlich, denn wenn man annimmt, dass eine Generation etwa 30 Jahren entspricht, dann leben wir im Schnitt rund 15 Jahre länger als die Generation unserer Großeltern."

Dazu komme ein weiterer Punkt: "Bislang hat die staatliche Rente oft ausgereicht, um den Lebensstandard abzudecken, die private Altersvorsorge war die Sahne obendrauf. Doch das wird wegen des demografischen Wandels nicht so bleiben", warnt Ruß. Im Rentenversicherungsbericht räume selbst die Bundesregierung ein, dass "die gesetzliche Rente zukünftig allein nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard des Erwerbslebens im Alter fortzuführen".

Das selbst gesparte Geld dürfe also nicht mehr nur für Luxusausgaben verplant werden, sondern müsse auch dabei helfen, den Lebensstandard zu finanzieren. "Zumindest das hierfür gesparte Geld sollte man sich daher in jedem Fall in Form einer lebenslangen Rente ausbezahlen lassen", empfiehlt Ruß. "Den Menschen das zu vermitteln halte ich für eine der wichtigsten Aufgaben eines Finanzberaters." (bm)


Das vollständige Interview mit Jochen Ruß lesen Sie in der soeben erschienenen Heftausgabe 4/2016. Angemeldete FONDS professionell KLUB-Mitglieder können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.