Das deutsche Rentensystem bedarf längst einer Reform, und die vor wenigen Wochen gestartete Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat sich dieser Aufgabe auch mit Verve angenommen. Das sei zwar begrüßenswert, doch die "Ansätze gehen nicht weit genug", beklagt Alexander Leisten, Leiter des Deutschlandgeschäfts von Fidelity International in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). "Die neue Regierung muss den Mut haben, die angekündigten Reformen deutlich konsequenter weiterzuentwickeln", fordert er. 

So etwa bei der gesetzlichen Rente: "Die Ampel hat erkannt, dass die Rentenlücke nur durch eine stärkere Kapitalmarktbeteiligung über Aktien und Fonds verringert werden kann", schreibt Leisten. Daher wird die Deutsche Rentenversicherung im Jahr 2022 zehn Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt am Kapitalmarkt anlegen dürfen. Das geht dem Vermögensprofi aber nicht weit genug: "Zielführender wäre es, nicht nur einmalig, sondern dauerhaft einen gewissen Teil der gesetzlichen Rentenbeiträge am Kapitalmarkt zu investieren." Als Vorbild könne hier Schweden dienen: In dem skandinavischen Land fließen permanent 20 Prozent der addierten Rentenbeiträge an die Börse..

Zweite und Dritte Säule stärken
Auch die zweite Säule, die betriebliche Altersvorsorge (bAV), soll laut Koalitionsvertrag gestärkt werden – dank neuer Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen. Das ist Leisten zu vage: "Arbeitgebern sollte es erleichtert werden, reine Beitragszusagen anzubieten. Handlungsbedarf besteht darüber hinaus bei einer besseren Portabilität der Ansprüche", fordert er. Als Vorbild dienen etwa die USA. Dort seien bAV-Übertragungen bei Arbeitgeberwechseln einfacher als in Deutschland.

Bei der privaten Altersvorsorge sieht Leisten ebenfalls Aufholbedarf. Die Koalition plant eine grundlegende Reform, bei der ein öffentlich verwalteter Fonds und private Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riestersparpläne geprüft werden.  Leisten empfiehlt einen Blick nach Italien, wo sich steuerbegünstigte Fondssparpläne seit 2017 großer Beliebtheit erfreuen. "Erklärtes Ziel der italienischen Regierung war es, die Aktienkultur zu stärken – ein Ansatz, der auch Deutschland gut zu Gesicht stünde." (fp)