So etwas ist wirklich Pech: Zwei Jahre vor Ablauf der Ansparphase hat der Versicherer noch mitgeteilt, die mögliche Ablaufleistung werde sich auf 100.000 Euro belaufen. Die darin enthaltenen Überschüsse wurden mit 20.000 Euro beziffert. "Wunderbar", denkt sich der Fondspolicen-Sparer. Doch als der Vertrag dann fällig wird, stellt sich heraus: Statt 100.000 bekommt er nur 90.000 Euro ausgezahlt. Die Differenz von 10.000 Euro waren Schlussüberschüsse – und die hat der Versicherer im letzten Jahr vor Ablauf der Sparphase gestrichen.

Der beschriebene Fall ist konstruiert. Aber: Anbieter von Fondspolicen können sogenannte Schlussüberschüsse im Jahr vor der Fälligkeit tatsächlich kürzen oder ganz streichen. Denn anders als die laufenden Überschussbeteiligungen, die dem Versicherungsnehmer einmal pro Jahr verbindlich gutgeschrieben werden, sind Schlussüberschüsse widerrufliche Überschüsse (lesen Sie dazu auch den Kommentar "Das unbekannte Risiko vieler Fondspolicen" von FONDS professionell-Redakteurin Andrea Martens).

Üblich in der klassischen Lebensversicherung
Bekannt sind Schlussüberschussfonds aus der klassischen Lebensversicherung. Damit bilden Versicherer sozusagen einen Liquiditätspuffer für den Fall, dass sie die vor Jahrzehnten abgegebenen Garantien nicht stemmen können. Doch auch bei fondsgebundenen Rentenversicherungen ganz ohne Garantien sind Schlussüberschüsse keine Seltenheit. Der Grund dafür: Weil die Anbieter ihre Kosten auf Jahrzehnte im Voraus planen und dabei vorsichtig vorgehen müssen, setzen sie diese in der Kalkulation etwas höher an als tatsächlich erwartet. 

Fallen die Kosten dann niedriger aus oder zahlen Fondsgesellschaften höhere Rückvergütungen als angenommen, so bilden die Versicherer aus der Differenz jährlich Überschüsse. Einige Anbieter von Fondspolicen schreiben den Versicherungsnehmern jedoch nicht ihre vollständige Überschussbeteiligung verbindlich gut, sondern buchen einen Teil davon in einen Schlussüberschussfonds ein.

Bei vorzeitigem Rückkauf verloren
Überschüsse aus diesem Topf kann der Versicherer bis zum Jahr vor Fälligkeit der Police verwenden, um eventuelle Kostensteigerungen auszugleichen. Erst dann werden sie dem Kunden definitiv gutgeschrieben. Hat der Anbieter den "Reserve-Topf" bis dahin angegriffen oder – im eher unwahrscheinlichen Fall – ganz aufgezehrt, entgehen die darin eingebuchten Summen dem Versicherungsnehmer. Kauft ein Fondspolicen-Inhaber seine Versicherung vorzeitig zurück oder verstirbt er, sind die Schlussüberschüsse komplett verloren. 

Daher wäre es sehr sinnvoll, wenn Vermittler ihre Kunden im Beratungsgespräch darüber aufklären würden, was es mit diesen Rückstellungen auf sich hat und welche Risiken sie bergen – und ihnen, sofern gewünscht, eine fondsgebundene Versicherung eines Anbieters vermitteln, der keine Schlussüberschüsse bildet. Doch weil die Informationen über diese Art von Überschüssen bislang in Vergleichsrechnern nicht auftauchen, müsste sich der Vermittler dafür durch die Versicherungsbedingungen sämtlicher Fondspolicenanbieter durcharbeiten. 

27 Tarife unter der Lupe
Um hier mehr Transparenz zu schaffen, hat die Ratingagentur Morgen & Morgen gemeinsam mit der Condor Lebensversicherung zum ersten Mal untersucht, bei welchen Versicherern und in welchen Tarifen Schlussüberschuss-Töpfe gang und gäbe sind – und wo darauf verzichtet wird. Ein Blick auf die Resultate liefert durchaus einige Überraschungen.

So finden sich unter den 27 analysierten Tarifen von 19 Versicherern immerhin sieben mit Schlussüberschüssen. Bisher hat auch Morgen & Morgen die Information, welche Versicherer Schlussüberschüsse bilden, nicht im Vergleichstool. "Wir planen aber, dies zukünftig in das Morgen & Morgen Office aufzunehmen, um es transparent zu machen", sagt Pascal Schiffels, Mitglied der Geschäftsleitung. (am)


Einen vollständigen Bericht über Schlussüberschüsse bei Fondspolicen und die Ergebnisse der Studie von Morgen & Morgen finden Sie in der aktuellen Heftausgabe 4/2019 von FONDS professionell ab Seite 238. Angemeldete KLUB-Mitglieder können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.