Klassische Lebenspolicen mit einer garantierten Mindestverzinsung sind schon seit längerer Zeit ein Auslaufmodell. Eine aktuelle Entscheidung des Bundesfinanzministeriums (BMF) wird sicher nicht helfen, die Produkte für Neukunden beliebter zu machen: Der Höchstrechnungszins für Lebensversicherungen, umgangssprachlich Garantiezins genannt, soll ab 2022 für neue Produkte von derzeit 0,9 auf nur noch 0,25 Prozent sinken. Das berichtet die "Rheinische Post" (RP) unter Berufung auf ein Schreiben der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMF, Sarah Ryglewski, an die Bundestagsfraktionen von Union und SPD, das ihr vorliegt. 

"Angesichts des Zinsrückgangs der letzten Jahre sollte der Höchstrechnungszins aktualisiert werden", begründet Ryglewski laut der Zeitung den Schritt. In einem Entwurf der Verordnung heiße es: "Der Höchstrechnungszins in der Lebensversicherung soll wegen der gesunkenen Renditen risikoarmer Anlagen von 0,9 Prozent auf 0,25 Prozent gesenkt werden. Das gilt entsprechend für Pensionsfonds."

Schnell durch die Instanzen
Damit kommt das BMF einer Forderung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) nach, die dies für die Zeit ab 2022 gefordert hatten. Das Ministerium orientiert sich an den Empfehlungen der Versicherungsmathematiker für die Festsetzung des Zinses. Das BMF wird der RP zufolge am 25. März den Verordnungsentwurf für die Zinsanpassung an die anderen Ministerien verschicken, kurz darauf sollen die Länder und weitere Verbände angehört werden. Anfang Mai soll bereits ein Haken unter den Vorgang gemacht werden.

Zum Hintergrund: Der Höchstrechnungszins ist anders als viele denken nicht der Zinssatz, den Versicherer ihren Kunden gewähren müssen. Er stellt vielmehr die Obergrenze dar, bis zu der sie gehen dürfen. Die seit Jahren extrem niedrigen Zinsen für Anleihen, der Hauptanlageklasse der Versicherer, führen dazu, dass diese immer größere Probleme haben, die zugesagten Zinsen zu erwirtschaften.  Aus Wettbewerbsgründen neigen Versicherer aber dazu, immer die höchstmögliche Rendite anzubieten. Der Höchstrechnungszins ist daher ein Mittel, damit die Gesellschaften diese Zusagen nicht zu hoch ansetzen. 

Aus für Riester?
Die Absenkung um 0,65 Prozentpunkte führt des weiteren dazu, dass sich traditionelle Riester-Renten im Grunde nicht mehr darstellen lassen, weil nur der Sparanteil der eingezahlten Prämie verzinst wird. Die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) macht das an einem Beispiel fest: Wenn ein Riester- Kunde über die Jahre 10.000 Euro einzahlt und davon 800 Euro von Kosten verschlungen werden, würden nur 9.200 Euro mit 0,25 Prozent verzinst. 

Bei herkömmlichen Riesterverträgen ist aber vorgeschrieben, dass der Versicherer dem Kunden den gesamten eingezahlten Beitrag, in dem Fall 10.000 Euro, garantieren muss. Selbst bei einer Laufzeit von 25 Jahren und unter der Voraussetzung, dass immer 9.000 Euro verzinst würden, könnte der Versicherer nur 575 Euro an Zinsen gutschrieben – zu wenig, um die 800 Euro an Kosten reinzuholen. Das hat die Politik offenbar nicht auf dem Schirm: Die SZ meldet unter Berufung auf eine Sprecherin des BMF weiter, dass in der geplanten Verordnung von den Folgen für Riester keine Rede sei. (jb)