Das Coronavirus wird zu einer immer größeren Belastung für die Wirtschaft, Firmenpleiten eingeschlossen. Die Bundesregierung hat daher ein milliardenschweres konjunkturelles Hilfspaket beschlossen, um jene Firmen zu unterstützen, die unmittelbar von der Corona-Krise betroffen sind. Das wird auch nötig sein, denn vonseiten der Versicherer können sie wohl kaum Hilfe erwarten. Grund: Pandemien wie Corona werden vom Gros der Anbieter im Normalfall nicht abgedeckt, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) in einem aktuellen Beitrag ausführt.

Kaum Policen mit Schutz gegen Krankheiten
Demnach gebe es zwar Policen, die Ertragsausfälle aufgrund von Betriebsunterbrechungen abdecken. Und auch Versicherungen, mit denen sich Veranstalter gegen den Ausfall von Konzerten oder Messen wappnen können. Die Produkte decken standardmäßig aber nur Schäden ab, die auf Brand, Diebstahl, Sturm oder sonstige Naturgefahren zurückgehen, so der Verband.

Zwar könne der Schutz ergänzt werden – beispielsweise auf Betriebsschließungen infolge vertraglich vereinbarter übertragbarer Krankheiten. Doch das sei nur selten der Fall. "Die Absicherung einer Betriebsunterbrechung durch das Risiko übertragbare Krankheiten ist derzeit kaum verbreitet", zitiert der GDV Fabian Konopka, Experte von Funk Versicherungsmakler in Hamburg.

Das habe zum einen mit den schwer zu kalkulierenden Folgen eines Virusausbruchs zu tun. Für die Versicherer zähle eine Pandemie – also eine Seuche, die sich über mehrere Länder oder gar Kontinente ausbreitet –zu den sogenannten Kumulrisiken. Damit sind Gefahren gemeint, die in relativ kurzer Zeit sehr viele Schäden anrichten und die Versicherer überfordern können. Während andere Kumulereignisse wie Hurrikans oder Erdbeben wenigstens noch regional begrenzt sind, ist das bei einer Pandemie nicht der Fall. Wenn aber Unternehmen weltweit gleichzeitig Schäden geltend machen, funktionierte das Prinzip der Risikostreuung nicht mehr. "Ab einem bestimmten Punkt ist Grenze der Versicherbarkeit erreicht – zumindest im Hinblick auf klassische Versicherungsprodukte", lässt der Verband Gunther Kraut, Experte für Pandemie-Absicherungen bei Munich Re, zu Worte kommen.

Assekuranz trägt Pandemie-Risiko bereits in der Lebensversicherung
Die Zurückhaltung der Assekuranz, finanzielle und wirtschaftliche Schäden infolge von Infektionskrankheiten abzusichern, habe laut Munich Re-Mann Kraut aber noch einen anderen Grund. Die Branche trägt das Risiko bereits an andere Stelle: den Lebensversicherungen. Stirbt ein zuvor gesunder Kunde, ist es unerheblich, ob er einer Krebserkrankung erlag oder Opfer einer neuartigen Infektionskrankheit wurde. Der Versicherer erfüllt den Vertrag, betont der GDV. Deshalb prüfe die Versicherungsaufsicht im Rahmen von Stresstests auch regelmäßig, ob die Unternehmen selbst bei einem abrupten Anstieg der Todesfallzahlen ihre Verpflichtungen erfüllen können. "Für viele Versicherer ist damit das vertretbare Limit schon erreicht", wird Kraut zitiert.

Versicherungen sind individuelle Lösungen
Bei den vereinzelten Produkten für Industrie- oder Gewerbekunden, die finanzielle Schäden durch übertragbare Krankheiten mit abdecken, handele es sich daher stets um individuelle Lösungen. Sie kosten nicht nur mehr als der Standard-Schutz, sondern setzen auch eine intensivere Risiko-Prüfung voraus. Denn um die Gefahr einschätzen zu können, brauchen Versicherer gerade bei Großunternehmen einen Überblick über die Lieferkette – inklusive aller Zulieferer. Zudem sei der Schutz an Auflagen geknüpft: "Sehr häufig gibt es Anforderungen an ein Notfall- oder Business-Continuity-Management", so Konopka vom Maklerhaus Funk gegenüber dem GDV.

Damit wollten Versicherer erreichen, dass die Unternehmen auf einen Krisenfall gut vorbereitet seien – vergleichbar mit dem betrieblichen Brandschutz in der Feuerversicherung.
Die Konzepte zur Absicherung von krankheitsbedingten Schäden seien nicht neu. Schon bei früheren Seuchen wie Sars habe man entsprechende Deckungen über die sogenannte sachschadenfreie Betriebsunterbrechungsversicherung bieten können, weiß Konopka. Dass es Nischenprodukte geblieben seien, liege auch am geringen Interesse der Unternehmen. "In der Vergangenheit wurden diese Lösungen nur sehr begrenzt abgefragt." Das gelte selbst für die Veranstaltungsausfall-Versicherung, bei denen die Prämie für den Zusatzschutz vergleichsweise moderat sei. (jb)