Geht es um die Absicherung der Arbeitskraft beziehungsweise des Einkommens, ist die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) die Königsdisziplin. Wessen Risiko sich dort nicht oder nur extrem teuer absichern lässt, wird oft auf die Grundfähigkeitsversicherung verwiesen. "Aktuell scheinen sich die Versicherer eher auf die Grundfähigkeitsversicherung als Portfolioergänzung zur BU zu fokussieren als auf die EU-Versicherung", sagt Marc Glissmann.

"Daher haben wir nach einigen Jahren der Beobachtung einer sehr dynamischen Marktentwicklung jetzt wieder Marktstandards für die Grundfähigkeitsversicherung ermittelt", so der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Finanzmarkt-Analyse (Infinma) weiter. Einige Tage zuvor geschah dies auch zu Marktstandards in der EU-Versicherung.

Umfangreiches Tarifangebot
Im Rahmen der Untersuchung "Marktstandards in der Grundfähigkeitsversicherung (GF) – Stand 04/2024" wurden 132 Tarife von 31 Anbietern und in 17 Qualitätskriterien gegen den Marktstandard verglichen. Damit hat sich das Tarifangebot in den vergangenen drei Jahren fast verdoppelt: 2021 wurden 67 Tarife von 26 Versicherern getestet. Bei der allerersten Untersuchung 2016 hatten gerade mal sechs Gesellschaften ein GF-Angebot parat.

Ergebnis: 49 Tarife von elf Versicherern konnten den Marktstandard in allen getesteten Kriterien aus Kundensicht mindestens erfüllen oder sogar übertreffen: Allianz, Alte Leipziger, Baloise, Barmenia, Bayern-Versicherung, DEVK, Dortmunder, HDI, Huk-Coburg, Nürnberger und Versicherer im Raum der Kirchen (VRK).

Unterschied von Marktstandards und Rating
Infinma erhebt dazu alle zu einem Qualitätskriterium am Markt tatsächlich vorhandenen konkreten Ausprägungen in den Bedingungswerken. Diejenige Ausprägung, die von den Anbietern in ihren Produkten am häufigsten verwendet wird, wird als Marktstandard im Sinne eines Branchendurchschnittswertes definiert. "Die Qualitätskriterien werden weder gewichtet noch aggregiert; es handelt sich damit gerade nicht um ein Rating", erklärt Infinma-Geschäftsführer Jörg Schulz.

Diese für eine GF-Versicherung besonders wichtigen Kriterien aus den Bedingungen wurden analysiert:

  1. Prognose
  2. Rückwirkende Leistung
  3. Meldefristen
  4. Kostenübernahme bei Anreise / Ausland
  5. Mitwirkungspflichten im Leistungsfall
  6. Befristete Anerkenntnisse
  7. Beitragsdynamik
  8. Leistungsdynamik
  9. BU-Umtausch-Option
  10. Pflege-Option
  11. Stundung bei Zahlungsschwierigkeiten
  12. Verlängerungsoption
  13. Leistung bei Erwerbsminderung
  14. Infektionsklausel
  15. Tarif-Upgrade möglich
  16. Jeder Verlust einer GF ist alleiniger Leistungsauslöser
  17. Absicherung der Top-80-Prozent-Grundfähigkeiten

Produktverbesserungen und nötige weitere Änderung
"Viele Produkteigenschaften, die schon länger aus der BU bekannt sind, wurden inzwischen auch für die GF übernommen", kommentiert Schulz das Ergebnis. Starke Veränderungen gebe es bei den drei Kriterien befristetes Anerkenntnis, Verlängerungsoption oder Infektionsklausel. "Dennoch bleibt Luft nach oben, gerade im Vergleich zur BU", betont Schulz.

Im Leistungsfall müsse bei der GF-Versicherung meist noch immer die Veränderung des Gesundheitszustandes unverzüglich mitgeteilt werden. Diese Regelung sei für Kunden nur schwer oder gar nicht erfüllbar und für den Versicherer aufgrund seines Rechts zur jederzeitigen Nachprüfung überflüssig. "In der BU wurde diese Regelung bereits vor einigen Jahren marktweit abgeschafft und sollte bald auch in der GF-Versicherung erfolgen", so Schulz. (dpo)


Die Methodik der GF-Marktstandards (externer Link) ist auf der Infinma-Website ebenso veröffentlicht wie eine Übersicht der elf Versicherer und 49 zertifizierten GF-Tarife (externer Link), die mindestens den Marktstandard erreicht haben.