Bei einer zweitägigen Konferenz der Versicherungsforen Leipzig (VFL) drehte sich vergangene Woche alles um die Umsetzung der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD. Besonders die Herausforderungen für den Vertrieb standen bei den Vorträgen und Diskussionen im Mittelpunkt, wie die VFL in einer Pressemitteilung schreiben.

Reinhardt Lüger vom Beratungsunternehmen 3L-Consult ging in seinem Vortrag auf die Anforderungen aus der IDD zur Aus- und Weiterbildung genauer ein. Dabei betonte er, dass zukünftig genau bestimmt werden müsse, wer für den Vertrieb der Versicherungspolicen verantwortlich sei. Da genau sichergestellt und dokumentiert werden muss, welche Qualifikationen ein Mitarbeiter in Vergangenheit erhalten hat, sollte auch beim Bewerbungsprozess eine Pflicht zum Nachweis über die im letzten Jahr absolvierten Weiterbildungen eingeführt werden. Trotz aller Neuerungen lässt die IDD verschiedene Fragen offen, beispielweise was genau bei einer langfristigen Erkrankung eines Mitarbeiters geschieht, wenn dieser die erbrachten Weiterbildungsstunden nicht vorweisen kann. Offen blieb die Frage, welche Rolle zukünftig die "Gut beraten"-Initiative übernehmen wird.

Neben der Aus- und Weiterbildung der Versicherungsvermittler nimmt auch die Produktentwicklung eine bedeutende Rolle ein. Amelie Bohl von der Gen Re beleuchtete den Hintergrund und die rechtlichen Grundlagen des POG (Product Oversight and Governance) und der dazugehörigen Leitlinien. Das POG erfordert verschiedene Maßnahmen zur Steuerung und Aufsicht von Versicherungsprodukten. Dabei tritt die Überprüfung der Übereinstimmung zum Zielmarkt und der Vertriebskanäle im besonderen Maße hervor. Ebenso sollten Vertreiber der Versicherungsprodukte genauestens vom "Hersteller" informiert werden. Liegt diese Information seitens des Herstellers nicht vor, darf das betroffene Produkt nicht vertrieben werden.

Keine Skepsis gegenüber Honorarberatung
Einen interessanten Einblick in das viel diskutierte Thema "Honorarberatung" gab Patrick Greiner (The Financeguard). Er legte dar, dass die Skepsis häufig nur im Kopf des Verkäufers stattfindet. Viele Vermittler scheuen sich, eine Vergütung von Kunden zu verlangen. Greiner berichtete aus eigener Erfahrung, dass dieses Geschäftsmodell sehr erfolgreich verläuft.  

André-Steffen Dahms von der HDI Vertriebs AG zeigte mit seinem Vortrag "Digital- und Content-Strategie – notwendiges Übel oder unverzichtbares Muss im Vertrieb?" verschiedene neue Ideen für den E-Commerce im Versicherungsvertrieb. Dabei ging er genauer auf die Verknüpfung mit einfachen, bequemen Bezahlverfahren ein, welche den Kunden den Online-Abschluss einer Versicherungspolice erleichtern würden. Homepages sollten in einer kürzeren Zeit geladen werden und seiner Meinung nach frei von werblichen Pop-ups sein. "Dem Kunden kann somit auch im mobilen Netz eine ideale Benutzeroberfläche geboten werden."

Bedroht die Digitalisierung den Makler?
Oliver Pradetto, Geschäftsführer des Maklerpools Blau Direkt, bot ebenfalls einen interessanten Ansatz: In seinen Augen ist der Beruf des Versicherungsmaklers aufgrund der Digitalisierung vom Aussterben bedroht. Da die Entwicklung der Technik exponentiell verläuft, ist die Zeit des Menschen in der Versicherungswirtschaft bald abgelaufen. "Zukünftige Systeme werden vollautomatisch den aktuell auslaufenden Vertrag erkennen, auf dem Markt vergleichen und dem Kunden dann eine passendn andere Police empfehlen", ist Pradetto gewiss. Kunden könnten Verträge anschließend mittels App verwalten und benötigten keinen Kontakt mehr zum Versicherungsmakler.

Anderer Meinung ist Stephan Heiss vom Insurtech Passt24.de, welcher mit seinem Vortrag deutlich machte, dass auch in Zukunft der Beruf des Versicherungsmaklers bestehen bleibt. Dabei zeigte er auf, dass sich die Kunden zwar im Internet informieren, aber nicht einmal 50 Prozent ihren Vertrag auch online abschließen. "Kunden wollen einen Marktplatz zum Vergleichen verschiedener Produkte. Haben sie sich dann entschieden, ist es ideal, wenn ihnen verschiedene Versicherungsmakler empfohlen werden", sagt Heiss.

Somit könnten sie selbst entscheiden, wen sie kontaktieren, und es bestünde keine Gefahr, dass der Versicherungsmakler permanent mit dem Kunden in Verbindung tritt. Insgesamt könne so eine bessere Kundenbindung gewährleistet werden. (jb)