Lebensversicherer stehen schon länger im Kreuzfeuer der Kritik. Diese ist im Zusammenhang mit der Evaluation des 2014 in Kraft getretenen Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) und der Diskussion um die Übertragung älterer Bestände an Dritte – sogenannte externe Run-offs – wieder intensiver geworden. Ein Vorwurf von Verbraucherschützern und Politikern: Die Gesellschaften klagen zwar über die Minizinsen, die ihre Erträge schrumpfen lassen. Gleichzeitig versuchen sie aber, diese Lasten größtenteils den Versicherungsnehmern aufzubürden.

Aktuelle Zahlen zur Verwendung ihrer Gewinne lassen die Versicherer tatsächlich in keinem guten Licht erscheinen. So haben die Gesellschaften 2017 offenbar trotz mickriger Zinsen gut verdient. Den Löwenanteil haben sie aber mittels spezieller Gewinnabführungsverträge an ihre Konzernmütter abgeführt. Insgesamt 1,5 Milliarden Euro flossen an die Obergesellschaften und damit noch einmal 400 Millionen Euro mehr als 2016 – zulasten der Kunden. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) unter Berufung auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion "Die Linke". 

Mehr Versicherer mit Abführungsverträgen
2016 hatten die Gesellschaften nur 335 Millionen als Gesamtüberschüsse angegeben, ohne die Gewinnabführungen wären es knapp 1,5 Milliarden gewesen. Den Muttergesellschaften flossen also 1,1 Milliarden Euro zu, wie aus im Frühjahr 2018 veröffentlichten Zahlen des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) hervorging. Eine andere interessante Information war, dass die Zahl der Unternehmen mit Gewinnabführungsverträgen seit Inkrafttreten des LVRG von 23 im Jahr 2013 auf 31 im Jahr 2016 gestiegen war. Der SZ zufolge hatten Ende 2017 schon 37 der 67 Aktiengesellschaften unter den Versicherern eine solchen Abführungsvertrag. 

Der Grund ist eine Lücke im LVRG: Dieses verbietet Versicherungsunternehmen hohe Ausschüttungen an Aktionäre, um die Erfüllung der garantierten Zusagen sicherzustellen. Allerdings gilt das Ausschüttungsverbot nur für Dividenden, nicht aber für Gewinnabführungen an Muttergesellschaften. Diesen Punkt hatte der Bundesratbereits  2014 kritisiert und gefordert, dass diese Gesetzeslücke geschlossen wird. Dies ist bislang aber nicht passiert. 

Neue Berechnung der Zinszusatzreserve entlastet Versicherer
Ob diese Lücke von der Politik gewollt oder ungewollt offengelassen wurde, ist Spekulation. Tatsache ist aber, dass Berlin der Assekuranz in anderer Hinsicht unter die Arme greift: Das BMF hat einen Entwurf für die Verordnung der Neuberechnung der Zinszusatzreserve vorgelegt. Mittels einer neuen Berechnungsmethode (FONDS professionell ONLINE erklärt) werden die Gesellschafen schon im laufenden Jahr um rund 14 Milliarden Euro entlastet werden. Für 2018 sollten der aktuell knapp 60 Milliarden Euro großen Reserve nach alter Methode bis zu 22 Milliarden hinzugefügt werden. Nach der neuen Berechnungsmethode, die schnell umgesetzt werden soll, dürften es nur sieben bis acht Milliarden Euro werden. (jb)