Ministerieller Fachdialog: Hürden bei der Betriebsrente abbauen
Die für betriebliche Altersversorgung zuständigen Fachministerien BMAS und BMF haben einen Fachdialog zur bAV angeschoben. Was sich dahinter verbirgt, wie der aktuelle Stand ist, was bAV-Berater wissen sollten.
Rund 50 Prozent der Beschäftigten in der Privatwirtschaft verfügen über Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung (bAV). Um diesen Satz irgendwann auf 80 Prozent zu steigern, haben BMAS und BMF alle maßgeblichen Akteure zu einem "Fachdialog zur Stärkung der Betriebsrente" eingeladen, der im vergangenen Herbst begonnen hat.
Es geht um den generellen Abbau alter und neuer rechtlicher Hürden, die der bAV noch im Wege sind. Im Blickpunkt stehen dabei drei Bereiche, die mit mehreren inhaltlichen Aspekten geändert werden sollen:
- Arbeitsrecht: Umfang der Arbeitgeberhaftung/Beitragsgarantie, Generationengerechtigkeit/Eingriffsmöglichkeiten in bestehende Zusagen, Rentabilität/Kosten bei Entgeltumwandlung, weniger Komplexität und mehr Transparenz.
- Finanzaufsichtsrecht: Anlagemöglichkeiten mit höheren Renditen, mehr Flexibilität für Pensionskassen/Bedeckungsvorschriften, nachhaltige Anlageformen/ESG-Kriterien.
- Steuerrecht: Optimierung der Geringverdienerförderung, erleichterte Nutzung von Sozialpartnermodellen durch Nichttarifgebundene, Auszahlungsmodalitäten, aufsichtsrechtlicher Rahmen/Abgrenzung zum Arbeitsrecht, spezifische steuerliche Förderung.
Stellungnahmen werden bis zum Frühjahr diskutiert
Bis Mitte November 2022 haben 25 maßgebliche Akteure Stellungnahmen abgegeben, was aus ihrer Sicht geändert gehört, so Peter Görgen, BMAS-Referatsleiter Zusätzliche Altersvorsorge, im November auf der bAV-Handelsblatt-Tagung. Nach Sichtung der rund 300 Seiten starken Unterlagen sollen nun bis in den Februar und März hinein Diskussionen nach Schwerpunkten und in kleineren Gesprächskreisen folgen.
"Am Ende gibt es eine große Runde in Berlin, in der BMAS und BMF die Ergebnisse des Fachdialogs zusammenfassen und das weitere Vorgehen skizzieren", blickte Görgen voraus. Im späten Frühjahr könnten die Ergebnisse im Idealfall in ein Gesetzgebungsverfahren münden.
Versicherer wollen BoLZ als Standard
Auch die Versicherer haben sich über ihren Verband GDV ausführlich in den Fachdialog eingebracht. Änderungen sollten aus Sicht der Branche insbesondere in drei Punkten erfolgen: Erstens wird verlangt, das garantierte Mindestniveau für die Beitragszusage mit Mindestleistung (BZML) abzusenken. Flexiblere Garantieanforderungen würden die Freiheit in der Kapitalanlage verbessern und die BZML für die Praxis wieder nutzbar machen. Die Regelungen zur beitragsorientierten Leistungszusage (BoLZ) seien dagegen "bereits sehr gut austariert, sodass kein Änderungsbedarf besteht", heißt es in der GDV-Stellungnahme.
Zweitens sollte die Geringverdienerförderung (nach Paragraf 100 EStG) durch Dynamisierung der Verdienstgrenzen sowie der Förderhöhe weiter gestärkt werden. Bislang gilt: Zahlt der Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitsentgelt zwischen 240 und 960 Euro im Jahr an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung und überschreitet der Bruttolohn 2.575 Euro nicht, beteiligt sich der Staat an der bAV. Der Arbeitgeber wird in Höhe von 30 Prozent seines Beitrags entlastet, im Wege der Verrechnung mit der von ihm abzuführenden Lohnsteuer.
Freiwilliges Opt-out-Modell angeregt
Drittens plädieren die Versicherer für eine automatische Entgeltumwandlung. Der Weg: Auch ohne Tarifvertrag sollte künftig ein freiwilliges Opting-out-Modell ermöglicht werden, etwa durch Betriebsvereinbarung. Auch in den zwei Millionen Betrieben, in denen es keinen Betriebsrat gibt, sollte ein Opting-out-Modell erlaubt werden.
Allerdings betont der GDV, dass er ausschließlich Modelle meint, die der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis startet. Verpflichtenden Modellen wird schon aufgrund des damit verbundenen Organisations- und Kontrollaufwands eine klare Absage erteilt. "Dabei würden auch solche Arbeitgeber zwangsweise einbezogen, die bereits gute, praxiserprobte bAV-Systeme implementiert haben, oder auch kleine Arbeitgeber, die sich das gar nicht leisten können", heißt es in der GDV-Stellungnahme.
Erleichterungen für bAV-Berater
Für unabhängige bAV-Berater würde die Umsetzung der Vorschläge einen erleichterten Vertriebsansatz bedeuten. Zum einen könnten mehr Arbeitgeber für eine einfache und kostengünstige Implementierung von bAV-Systemen gewonnen und zum anderen mehr Arbeitnehmer auf einfacherem Wege zur Entgeltumwandlung animiert werden. (dpo)
Kommentare
Was soll das, haben die keine andere Probleme?
AntwortenArbeiten da nur noch Lobbyisten? Grundsätzlich gilt, dass das EK des AN "sein" untrennbar sein eigenste Eigentum ist. Artikel 14 GG, auch der Abs. 2 und 3 schließen von sich aus. Zudem wird immer vergessen, dass eine bAV gleichzeitig die GRV kürzt. Diese für einkommensschwache AN in besonderen Fall zu einer noch schlechteren Gesamtrente führt. Ja, es besteht die Gefahr, dass eine GRV mit einer bAV Zusatzrente weniger Altersrente auszahlt, als eine reine GRV, die durch den vollen EK verbeitragt wird. Schließe ich ein bAV ab, deren Eckwerte aktuell mit 40.463 Euro belaufen, so erhalte ich aus der GRV eine monatliche Rente von 36,02 €. Damit wäre es ein Nullsummenspiel in der Rentenphase! Nur während der Sparphase könnte aus der Ermäßigung der Sozialbeiträge, geldliche Vorteile erbringen, - was natürlich dann beim Krankengeld und Alu I beim Erhalt negative bemerkbar macht. Zudem entsteht während er Sparphase, eine nennenswerte steuerliche Ersparnis, wenn die Steuersätze gleichzeitig extrem hoch sind. Auch sind überraschende Zahlungsausfälle bekannt, so wie der Entfall der Versorgung aus der bAV des wesentlichen jüngeren Ehepartners, bei einem zu großen Altersunterschied. Damit geht der 2. Ehepartner(in), bei der bAV leer aus! Noch Fragen? Wer da dann für die Vermögensschäden gerade steht? Richtig der AG, bis zum Bankrott hin! Denn das GG lässt sich nicht aushebeln! Insbesondere nicht von Lobbyisten.
Bruno1968 am 19.01.23 um 06:57