Das Ende August 2014 in Kraft getretene Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) hat die Vergütungen in der Versicherungsvermittlung bis 2017 wie vom Gesetzgeber gewünscht deutlich abgesenkt: Die in Deutschland tätigen Lebensversicherer reduzierten ihre Abschlussprovisionssätze je nach Vertriebsweg um 1,5 bis 7,0 Promille. Allerdings führten die Absenkungen nicht unbedingt zu Mindereinnahmen, weil die Assekuranzen die Ausfälle auf anderen Wegen zumindest teilweise ausgleichen.

Dies zeigt die Studie "Provisionen & Courtagen in der Versicherungsvermittlung", die das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson gemeinsam mit Professoren der Fachhochschule Dortmund und dem Versicherungsjournal durchgeführt hat.

"Der Umbau der Vergütungssysteme läuft: weniger für den Abschluss, mehr für die dauerhafte Begleitung des Kunden. Die Branche bewegt sich, das LVRG wirkt. Und die Unternehmen werden weiter daran arbeiten", kommentiert GDV-Präsident Alexander Erdland, Präsident des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft, die Ergebnisse aus Sicht der Anbieter.

Vergütungsersatz
Ein Grund für die nicht so stark gesunken Einnahmen sind Abschlusscourtagen, die auf die Laufzeit verteilt werden. Rund jeder zweite Versicherungsmakler und Mehrfachvertreter und rund jeder vierte Ausschließlichkeitsvertreter gibt solche Vergütungen an. Hinzu kommen – bei Maklern und Mehrfachvertretern mehrheitlich, bei Ausschließlichkeitsvertretern nach wie vor seltener – Bestandsvergütungsprovisionen, die typischerweise zwischen einem und zwei Prozent der laufenden Jahresprämie betragen.

Ein weiterer Vergütungsweg, den die Versicherer anstatt der vorab gezahlten Abschlusscourtagen beschreiten, ist eine Verlängerung der Stornohaftungszeiten (lesen Sie dazu auch den Artikel "Existenzangst unbegründet" in der Ausgabe 1/2016 von FONDS professionell).

"Damit sind die einmaligen, bei Vertragsschluss fälligen Abschlussprovisionen nicht ersatzlos entfallen", kommentiert Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der FH Dortmund. "Dies verändert jedoch auch den effektiven Provisionssatz auf Lebensversicherungen im Vergleich zu den gesamten Abschlusskosten, die in der Bilanz ausgewiesen werden."


Wenn Sie wissen möchten, wie sich die Abschlusscourtagen und die Stornozeiten bei den einzelnen Vermittlertypen in absoluten Zahlen entwickelt haben – klicken Sie sich durch die Graphikstrecke oben. 


Die diesjährige Provisionsstudie hat erstmals auch weitere Parameter untersucht, die zur effektiven Senkung des nominellen Abschlussprovisionssatzes führen: Dazu zählen die sogenannten Laufzeitfaktoren, welche die Berechnungsgrundlage der Abschlussprovision, die Beitragssumme, verringern. So gibt es Vergütungsmodelle, die bei geringeren Laufzeiten der Policen auch weniger Provisionen zahlen.

Ein weiterer Grund für den Rückgang der Einnahmen entsteht durch eine unverzinste Einbehaltung von Teilen der Abschlussprovision als sogenannte Stornoreserve. "Die Abschlusskosten der Lebensversicherer bestehen keineswegs nur aus Provisionen", so Michael Radtke, Professor an der Fachhochschule Dortmund und Co-Autor der Studie. "Wenn der Druck auf die Abschlusskosten wirksam werden soll, müssen auch andere Kostenpositionen des Versicherers überprüft werden." (jb)


Zur Studie
Die Studie beruht auf einer Onlinebefragung von Versicherungsvermittlern im Zeitraum 18. April bis 17. Mai 2017. Nach Bereinigung enthält die Stichprobe 1.122 Fragebögen, darunter 975 Ausschließlichkeitsvertreter, 30 Mehrfachvertreter und 117 Versicherungsmakler. Mehrfachvertreter und Makler konnten für jeweils bis zu fünf Versicherungsunternehmen Angaben zu den Provisions-/Courtagevereinbarungen machen, so dass sich die Angaben zu Provisions-/Courtagevereinbarungen auf insgesamt bis zu 73 Vereinbarungen mit Versicherern bei Mehrfachvertretern und bis zu 360 Vereinbarungen mit Versicherern bei Maklern stützen.