Seit Jahren haben die Lebensversicherer unter den niedrigen Zinsen geächzt und steigende Zinsen herbeigesehnt, damit sie für Kunden höhere Renditen erwirtschaften können. Nun ist die Zinswende da, Baustellen haben die Versicherer aber weiterhin. Zwar weisen alle nun eine Solvenzquote von über 100 Prozent auf, welche die finanziellen Reserven einer Gesellschaft misst und bei eben mindestens 100 Prozent liegen muss. Allerdings kann es passieren, dass die Versicherer in ihren Bilanzen Abschreibungen auf niedrigverzinste Anleihen machen müssen. Daher stellt sich die Frage, wie gut die großen Versicherer finanziell dastehen.

Eine Antwort liefert wie jedes Jahr Professor Hermann Weinmann vom Institut für Finanzwirtschaft der Hochschule Ludwigshafen in seiner Analyse der Bilanzen der zwölf großen Versicherer. Die Studie vergibt ein betriebswirtschaftliches Urteil, das sich aus Kennzahlen zu Ertragskraft, Betriebskosten sowie Risikoergebnis-, Bewertungs- und Verlustreserven zusammensetzt, sowie eine Verbrauchernote, die auch die Beteiligung der Versicherten an den Ergebnissen und die Solvenzquote berücksichtigt, wie das "Handelsblatt" berichtet. Die Studie erschien zuerst in der "Zeitschrift für das Versicherungswesen". 

Allianz topfit
Wie schon in den Vorjahren steht die Allianz Leben mit 750 von möglichen 1.000 Punkten in der betriebswirtschaftlichen Bewertung ganz oben, da sie sich immer noch durch relativ niedrige Betriebskosten und hohe Bewertungsreserven in den Kapitalanlagen auszeichne, so das "Handelsblatt". Neben dem "sehr starken" betriebswirtschaftlichem Ergebnis kann der Marktführer auch die Verbrauchernote "sehr gut" (1,3) vorweisen – er beteiligte Kunden in etwas größerem Umfang als andere am Rohüberschuss und am Gesamtertrag. Das Label betriebswirtschaftlich "sehr stark" teilt sich die Allianz mit der Axa Leben, deren Verbrauchernote ist ein "gut". Der Grund: Kunden erhielten weniger von den Erträgen, was Weinmann zufolge typisch sei vor einem Run-off, den die Axa angekündigt hatte, so die Zeitung. 

Die Nürnberger und die Württembergische schätzt Weinmann als betriebswirtschaftlich "stark" ein. Ohne Abzug bei den Verbraucherinteressen erreicht die Nürnberger die Verbrauchernote "gut" (1,7), die Württembergische erhält ebenfalls die Note "gut" (2,0). Als "eingeschränkt wirtschaftlich stark" stuft der Professor laut "Handelsblatt" die Alte Leipziger Leben, Cosmos Leben, Debeka Leben, R+V Leben und die Zurich ein. Die Verbrauchernoten sind ein "befriedigend" (2,7) für die Alte Leipziger, ein "befriedigend" (3,0) für die Debeka und ein "befriedigend" (3,3) für die genossenschaftliche R+V. Die Cosmos Leben und die Zurich kamen hier auf ein "ausreichend" (3,7). 

Drei betriebswirtschaftlich schwächere Gesellschaften
Als betriebswirtschaftlich "relativ schwach" stuft die Studie die Bayern-Versicherung und SV Leben ein. Bei der Verbrauchernote erhielten beide ebenfalls ein "ausreichend" (3,7). Ferner gibt es mit Generali Deutschland Leben nach Einstufung von Weinmann noch einen betriebswirtschaftlich "schwachen" Versicherer mit der Verbrauchernote "knapp ausreichend" (4,3). Gründe sind laut "Handelsblatt" die rückläufige Ertragskraft sowie die nach wie vor hohe Betriebskostenquote von 16,7 Prozent. Bei der zum Generali-Deutschland-Konzern gehörenden Cosmos Leben liegt diese übrigens nur bei 4,8 Prozent.

Ein Sprecher von Generali Deutschland betonte gegenüber der Wirtschaftszeitung, dass die in der Studie ermittelten Werte für das Unternehmen eine "vergleichsweise weniger gewichtige Bedeutung" hätten, da man statt auf klassische Lebensversicherungen mit Garantiezinsen stark auf Fondspolicen und biometrische Produkte wie Berufsunfähigkeitsversicherungen setze. (jb)