Wieder hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) zu Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung (PKV) entschieden. Diesmal ging es um Verjährungsfristen für Beitragsrückforderungen eines Axa-Kunden, der zunächst eine höchstrichterliche Entscheidung für einen 2018 begonnenen Rechtsstreit abwarten wollte, ehe er selbst wegen mehrerer Prämienerhöhungen noch 2018 gegen seinen Versicherer klagte.

Dieses Abwarten hemmt die Verjährungsfrist jedoch nicht, wenn der Kunde vorher wegen mehrerer Beitragserhöhungen seit 2008 seinen Anspruch auf Rückerstattung bereits geltend gemacht hatte. Er hätte demnach längst die Axa verklagen können, tat es aber erst 2018. "Der Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückzahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu einer Entscheidung des BGH hinausgeschoben", so die Richter.

Anspruch angemeldet, aber nicht geklagt
Nun sind Rückzahlungsansprüche für die geleisteten Erhöhungsbeträge bis Ende 2014 verjährt, heißt es im BGH-Urteil vom 17. November 2021 (Az.: IV ZR 113/20). Für die späteren Beitragsanpassungen muss das OLG Köln nun deren Rechtmäßigkeit im Hinblick auf die nicht verjährten Erhöhungsbeiträge prüfen. Betroffen sind noch Prämienanteile der Jahre 2015 bis 2017. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (gemäß Paragraf 199 BGB). Sie beginnt mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Kunde von den Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste, erinnerte der BGH.

Konkret: Indem der Axa-Kunde noch deutlich vor dem BGH-Urteil von 2020 Geld zurückgefordert hatte, habe er selbst zu erkennen gegeben, dass er vom Bestehen seines Anspruchs ausgegangen sei. Die Verjährungsfrist habe mit Erhalt der beanstandeten Änderungsmitteilungen begonnen. 

Abwarten hemmt Verjährung nicht
Am 16. Dezember 2020 hatte der IV. Zivilsenat des BGH erstmals entschieden, wann die Begründung einer Beitragserhöhung formal falsch und damit unwirksam ist. Versicherten können aus diesem Urteil Ansprüche auf Rückzahlungen entstehen. Davon sind mehrere Versicherer betroffen.

PKV-Anbieter müssen demnach eine Prämienanpassung begründen und dazu angeben, welche Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit) der Anlass sind. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er muss auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie den Rechnungszins, angeben (Az.: IV ZR 314/19).

Beitragsanpassung muss weiterhin nicht genau begründet werden
In dem früheren Rechtsstreit mit dem BGH-Urteil von 2020 wehrte sich ein Kunde gegen mehrere Beitragserhöhungen der Axa seit 2014 (gemäß Paragraf 203 Absatz 2 Satz 1 VVG). Der BGH lehnte die Beitragserhöhungen bis Ende 2017 ab, weil sie nicht ausreichend begründet waren. Da in einem der strittigen Tarife später eine ausreichend begründete Prämienanpassung vorgenommen und der Beitrag damit laut BGH "ab diesem Zeitpunkt wirksam neu festgesetzt worden war", ist die Beitragsanpassung ab 2018 rechtens gewesen.

Fehlende Angaben zu den Gründen der Prämienanpassung können vom Versicherer nachgeholt werden. Rückwirkend für die Zeit davor – hier: 2014 bis 2017 – war die Prämienanpassung nicht rechtens. Der Versicherer muss zu viel gezahlte Beiträge erstatten.

Branche will Reform der Beitragsanpassung
Es wäre es an der Zeit, die Kalkulation der PKV grundlegend zu reformieren. So könnten hohe Beitragssprünge verhindert werden, wenn etwa die medizinische Inflation von vornherein einkalkuliert würde. Aufgeschlossen ist die PKV-Branche auch für die Idee, neben den Leistungsausgaben und der Sterblichkeit auch den Zins als auslösenden Faktor für Beitragsanpassungen zuzulassen. Damit ließen sich schneller kleinere Beitragsanpassungen durchsetzen, was für Kunden auch psychologisch günstiger sei.

Vor drei Jahren hatte der BGH die Praxis für rechtens erklärt, wonach sachkundige Treuhänder die Rechtmäßigkeit von Beitragserhöhungen in der PKV unabhängig zu prüfen haben. Deren Unabhängigkeit sei zivilrechtlich nicht überprüfbar (Az.: IV ZR 255/17). (dpo)