Die private Krankenversicherung (PKV) in Deutschland kämpft einmal mehr mit den Widrigkeiten der Politik, die die eigene "Gesundheit" der Branche bedroht. Jüngstes Beispiel ist die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Geht es nach dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) und seinem Entwurf für das Jahressteuergesetz vom Mai 2019, sollen Beiträge des Arbeitgebers zu Leistungen der Zukunftssicherung vom ersten Euro an als steuerpflichtiger "Barlohn" eingeordnet werden.

Damit möchte das Ministerium mehrere Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) aushebeln, der solche Versicherungen als steuerlich begünstigten "Sachlohn" ansieht, moniert der PKV-Verband. Hintergrund: Bis 2013 galten die Beiträge zur bKV als steuerfreier Sachlohn. Das wurde durch den BFH 2010 und 2011 bestätigt. Doch die Urteile passten der Finanzverwaltung nicht: Mit einem Verwaltungserlass setzte sie sich darüber hinweg. Seit 2014 müssen Arbeitgeber daher Steuern und Abgaben zahlen.

BMF ignoriert erneut Urteile 
Mit zwei Urteilen aus dem Sommer 2018 haben die BFH-Richter ihre Auffassung zur Steuerfreiheit bestätigt. Gewährt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Krankenversicherungsschutz, so handelt es sich in Höhe der Arbeitgeberbeiträge um Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrages nur Versicherungsschutz, nicht aber eine Geldzahlung verlangen kann. Damit ist die Zahlung für den Arbeitnehmer steuerfrei (Az.: VI R 13/16 und VI R 16/17).

"Das ist zwar grundsätzlich eine gute Nachricht, allerdings dürfen die Finanzämter die Rechtsprechung nicht anwenden, denn sie bleiben an den fünf Jahre alten Verwaltungserlass gebunden", kritisiert Uwe Laue, scheidender Vorsitzender des PKV-Verbandes. "Es ist unverständlich, dass das BMF dieser sinnvollen Absicherungsmöglichkeit weiter Steine in den Weg legen will", sagte Laue unlängst auf der Jahrestagung des PKV-Verbandes.

"Rund 7.700 Unternehmen boten ihren Mitarbeitern Ende 2018 eine bKV an – eine Verdopplung in nur drei Jahren", so Laue weiter. Über 757.000 Beschäftigte kämen dadurch bereits in den Genuss zusätzlicher Gesundheitsleistungen. Und immer mehr Arbeitgeber nutzen sie als erfolgreiches Instrument, um Fachkräfte zu gewinnen.

Tankgutscheine förderungswürdiger als Gesundheitskosten?
Der Steuervorteil soll nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes weiterhin zum Beispiel für Tankgutscheine gelten. "Es ist weder nachvollziehbar noch akzeptabel, wenn Leistungen zugunsten der Gesundheit belastet werden – gleichzeitig aber klimaschädliche Leistungen wie Tankgutscheine steuerlich gefördert werden sollen", sprach Laue Klartext.

"Es wäre daher für alle Seiten am besten, wenn die Finanzverwaltung die aktuellen BFH-Urteile durch Veröffentlichung im Bundessteuerblatt oder durch Anwendungsschreiben anerkennt", ergänzte Ralf Kantak, Vorstandschef der SDK Süddeutsche Krankenversicherung. Er löst Laue am 1. Juli als PKV-Vorsitzender ab. Informationen und Praxisbeispiele zur bKV finden Makler im Internet.

PKV will niedrigere Versicherungspflichtgrenze
Ein anderer wunder Punkt: Die Zahl der Krankenvollversicherten ist auch im vergangenen Jahr zurückgegangen – um 17.100 beziehungsweise 0,2 Prozent auf 8,736 Millionen Kunden. Das sind 240.000 Vollversicherte weniger als 2011. Schuld daran ist die 2003 überproportional angehobene Versicherungspflichtgrenze.

Theoretisch könnten besserverdienende Arbeitnehmer 2019 von der gesetzlichen Kasse in die PKV wechseln, wenn sie mehr als 4.537,50 Euro brutto pro Monat verdienen. Praktisch können sie dies aber erst ab 5.062,50 Euro brutto tun, da diese Versicherungspflichtgrenze vom Gesetzgeber stets höher als die eigentliche Beitragsbemessungsgrenze gelegt wird, um die Finanzierungsgrundlage der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu schwächen. Die Pflichtgrenze hat inzwischen fast das Doppelte des statistischen Durchschnittseinkommens erreicht.

Eigener PKV-Fonds für digitale Start-ups
In anderer Hinsicht wartet die PKV nicht auf die Politik. Sie will aus eigenen Kapitalanlagen einen Fonds auflegen, um digitale Start-ups im Gesundheitswesen zu fördern. Damit sollen digitale Gesundheitsanwendungen schneller den Patienten zugutekommen. Mögliche Förderbeispiele: telemedizinische Angebote, Gesundheits-Apps für Menschen mit chronischen Erkrankungen oder digitale Angebote, die Patienten in der Prävention oder in der Therapie-Sicherheit bei Arzneimitteln unterstützen. (dpo)