Die Deutsche Vermögensberatung (DVAG) hat ein klares Regelwerk, wann ein Vermittler die nächste Karrierestufe erreicht und welche Provision er für einen Vertragsabschluss erhält – eigentlich. Denn einzelne Vermögensberater erhalten darüber hinaus weitere Zuwendungen, bis hin zu einem lebenslangen Wohnrecht in einem Ferienhaus der konzerneigenen Vila-Vita-Anlage in Portugal. Das zeigen Recherchen von FONDS professionell ONLINE, die vergangene Woche veröffentlicht wurden.

Möglich wird das durch Strukturverschiebungen: Die DVAG schlägt Teile der Vertriebsorganisation ("Struktur") einem Direktionsleiter zu, obwohl er diese Struktur gar nicht selbst aufgebaut hatte. In Finanzvertrieben wie der DVAG ist eine solche Umordnung in einigen Fällen nötig: Wenn etwa ein Direktionsleiter verstirbt, muss seine Struktur von einem anderen Direktionsleiter weiterbetreut werden, um nicht plötzlich führungslos dazustehen. Auch im Zuge von Altersregelungen werden Teile der Vertriebsorganisation von jüngeren Führungskräften übernommen.

Vermeintliche Leistungserfolge
FONDS professionell ONLINE kennt aber Beispiele, in denen es ohne einen solchen Anlass zu Strukturverschiebungen kam – ganz offensichtlich zu dem Zweck, dem profitierenden Direktionsleiter ein zusätzliches Einkommen und weitere Vergünstigungen zu bescheren. Mitunter feierte die DVAG diesen Direktionsleiter dann auch noch für seine Leistungserfolge, die er in Wahrheit gar nicht selbst erbracht hatte.

Über die Hintergründe dieses Vorgehens kann nur spekuliert werden, denn die DVAG äußert sich dazu nicht. Unklar ist deshalb auch, wie viele derartige Fälle es gibt – auch hierzu schweigt das Unternehmen. Klar ist aber, dass schon bei den der Redaktion bekannten Konstellationen die Summe der Sonderprovisionen (konzernintern als "ED-Provision" bezeichnet) einen Millionenbetrag erreicht.

Enge Bande
Dieses Geld wird nicht anderen Vermögensberatern "weggenommen", es schmälert vielmehr den Gewinn der DVAG selbst. Das Unternehmen gehört mehrheitlich den Familien der Söhne des vor knapp zehn Jahren verstorbenen Firmengründers Reinfried Pohl. Auch deshalb positioniert sich die DVAG nach wie vor gerne als Familienunternehmen. 40 Prozent der Anteile gehören aber der Generali. Die Deutschlandtochter des italienischen Versicherungskonzerns ist seit jeher eng mit dem Frankfurter Finanzvertrieb verbunden. 2018 übertrug die Generali der DVAG sogar ihren Exklusivvertrieb.

Die Generali nutzt die DVAG also einerseits als Vertriebskanal, profitiert andererseits aber auch von den Gewinnen ihrer Beteiligung. Interessanterweise stehen der Generali nur 30 Prozent der DVAG-Gewinne zu, obwohl sie 40 Prozent der Anteile hält. Dennoch darf sich der Versicherer Jahr für Jahr über eine erhebliche Millionensumme freuen: Im Jahr 2022 lag der Jahresüberschuss der DVAG beispielsweise bei 245,7 Millionen Euro – der achte Rekordwert in Folge.

Wusste die Generali Bescheid?
Ohne das "Zuckerl" für manche Vermögensberater wäre diese Summe bei sonst unveränderten Rahmenbedingungen wohl noch etwas höher ausgefallen. Daher wollte FONDS professionell ONLINE von Generali Deutschland wissen, ob der Versicherer Kenntnis von den geschilderten Vorgängen hatte und wie das Unternehmen den Umstand bewertet, dass seine Gewinnausschüttung aus der DVAG-Beteiligung offensichtlich niedriger ausgefallen ist und noch einige Jahre lang niedriger ausfallen wird, weil einzelne Vermittler Sondervergütungen erhielten und weiterhin erhalten. Die Pressestelle teilte lediglich mit, die Generali werde "keine weitere Kommentierung abgeben". (bm)