Dass die Situation für Lebensversicherer angesichts der seit Jahre bestehenden Niedrigzinsen schwierig ist, ist sattsam bekannt. Dennoch schaffen es einige Gesellschaften besser und andere schlechter, über die Runden zu kommen. Am besten gelingt es weiterhin der Allianz, betriebswirtschaftlich gut dazustehen. Bei den anderen elf großen Gesellschaften gab es hierbei Veränderungen, wie laut dem "Handelsblatt" aus der jährlichen Bilanzanalyse des Ludwigshafener Betriebswirtschafts-Professor Hermann Weinmann hervorgeht. "Es hätte deutlich schlimmer kommen können, wenn man sich die Anfänge der Pandemie vor Augen hält", zitiert das Handelsblatt Weinmann.

Der aktuellen Auswertung zufolge, die die Zeitschrift für Versicherungswesen veröffentlicht, kommt die Allianz Leben mit 800 von 1.000 möglichen Punkten auf den Spitzenplatz bei der betriebswirtschaftlichen Bewertung. Der Versicherer weist eine gute Ertragskraft, eine niedrige erweiterte Betriebskostenquote und hohe Bewertungsreserven aus. Er erhält von Weinmann als einziger das Label "betriebswirtschaftlich sehr stark", so die Wirtschaftszeitung.

Württembergische mit größtem Sprung
Hinter der Allianz folgt die Württembergische Leben, die es auf 650 Punkte bringt und im Vergleich zum Vorjahr den größten Sprung nach vorne gemacht hat. Das Prädikat "betriebswirtschaftlich stark" heimsen auch die Alte Leipziger Leben, Axa Leben, Cosmos Leben und Debeka Leben mit jeweils 600 Punkten ein. Auch bei der Debeka Leben steche die Steigerung zum Vorjahr hervor. So habe sich die Verbrauchernote von 3,7 auf 3,0 verbessert (siehe Erläuterungen am Textende). Eine noch bessere Bewertung sei wegen der Solvenzquote nicht möglich, zitiert das Handelsblatt aus der Studie. Die Quote gibt das Verhältnis von vorhandenen zu erforderlichen Eigenmitteln an und lag Ende 2020 ohne Anpassungs- und Übergangsmöglichkeiten nur bei 36 Prozent.

Die Debeka begründet das Ergebnis gegenüber der Zeitung damit, dass sie "erheblich mehr Verträge mit hohen und langfristigen Garantien von vier, 3,5 und 3,25 Prozent im Bestand" habe als im Branchendurchschnitt und dass sie durch hohe Überschussbeteiligungen erheblich niedrigere Stornoquoten aufweise als üblich. Als "betriebswirtschaftlich steigerungsfähig" bewertet Weinmann laut dem Bericht die Zurich Deutscher Herold, die Generali Deutschland Leben, die Nürnberger Leben, die SV Leben und die R+V Leben. 

Bayerische: Studie berücksicht Weichenstellungen für Zukunft nur unzureichend
Am unteren Ende des Rankings findet sich die Bayern-Versicherung mit mageren 350 Punkten: Unter anderem stuft Weinmann die Ertragskraft als niedrig ein. Eine Sprecherin der Versicherungskammer Bayern, zu der die Bayern-Versicherung gehört, bemängelt auf Anfrage des Handelsblatts, dass die betrachteten Kennzahlen "nur sehr eingeschränkt zukunftsorientierte, strategische Weichenstellungen berücksichtigen".

Im Bereich der Kapitalanlagen würden die Bewertungsreserven genutzt, um ausreichendes Risikokapital für eine chancenorientierte langfristige Kapitalanlage sicherzustellen. Diese Vorgehensweise habe zwar zunächst geringere Rohüberschüsse zur Folge, gewährleiste jedoch "eine angemessene Rendite der Altersvorsorge unserer Kunden".


Zur Studie
Der Report liefert ein betriebswirtschaftliches Urteil, das sich aus Kennzahlen zu Ertragskraft, Betriebskosten sowie Risikoergebnis-, Bewertungs- und Verlustreserven zusammensetzt. Zudem vergibt die Studie eine Verbrauchernote, die auch die Beteiligung der Versicherten an den Ergebnissen und die Solvenzquote, ein Maß für die Wetterfestigkeit der Anbieter in konjunkturellen Extremsituationen, berücksichtigt. Im Ergebnis erhalten vier Versicherer die Bewertung "sehr gut" bis "gut", sieben weitere schneiden "befriedigend" ab. Ein Anbieter erhält die Note "ausreichend".(jb)