Wer hätte es gedacht? Die Sondervermögen, die deutsche Lebensversicherer für ihre fondsgebundenen Policen bereithalten, sind deutlich "grüner" als landläufig angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Instituts für Finanz-Markt-Analyse (Infinma) mit Sitz in Köln. Von knapp 14.000 Fonds oder Anteilsklassen, die die Versicherer im Jahre 2022 im Bestand hatten, waren der Studie zufolge bereits weit über 8.000 nachhaltig gemäß der EU-Offenlegungsverordnung. 

"Wir erwarten, dass sich der beschriebene Trend auch in 2023 fortsetzt", erklärt Infinma-Geschäftsführer Jörg Schulz. Immerhin hätten zahlreiche Versicherer inzwischen neue ESG-Produkte eingeführt oder ihre Fondsportfolios um weitere nachhaltige Sondervermögen ergänzt.

38.000 Datensätze
Bereits seit dem Geschäftsjahr 2020 wertet Infinma regelmäßig die Kapitalanlagen für Rechnung und Risiko von Inhabern von Lebensversicherungspolicen aus. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Investmentfonds, die Kunden im Versicherungsmantel besparen. Für die Jahre 2020 bis 2022 haben die Kölner Analysten über 38.000 Datensätze erfasst. 

Aus diesen Angaben haben die Kölner bereits im vergangenen Jahr den Infinma Nachhaltigkeitsindikator für Fondspolicenbestände (Ini) für alle Anbieter von fondsgebundenen Produkten entwickelt. Dazu wurde die Summe der Kundengelder ermittelt, die in nach Artikel 8 oder 9 der EU-Offenlegungsverordnung eingestuften Produkten ruhen.

Umfassender Review
Die anstehenden Analysen für das Geschäftsjahr 2023 hat Infinma jetzt zum Anlass genommen, die bisherigen Nachhaltigkeitseinstufungen einem kompletten Review zu unterziehen. Damit reagieren die Analysten auf die Entwicklung in der Investmentbranche, bestehende Fonds häufig als "grüner" einzustufen, als sie eigentlich sind.

Vereinzelt seien Kapitalverwaltungsgesellschaften aber schon auf Greenwashing-Vorwürfe eingegangen und hätten Fonds unter ESG-Gesichtspunkten zurückgestuft. Zudem seien die meisten Anbieter mittlerweile vorsichtiger geworden, weil sich die Beschaffung belastbarer Nachhaltigkeitsinformationen zu einzelnen Kapitalanlagen immer noch schwierig gestalte. 

Umgruppierungen lassen Ini steigen
In jedem der drei untersuchten Geschäftsjahre waren es über 2.000 Fondspositionen bei den Lebensversicherern, die "nachhaltiger" geworden sind. Rund 10.000 Positionen blieben unverändert, bei nur rund 400 Positionen wurde ein Fonds nach der aktuellen Klassifizierung nicht mehr als nachhaltig eingestuft. Die Umgruppierungen durch die Kapitalverwaltungsgesellschaften hätten dazu geführt, dass der branchenweite Ini gegenüber der Ursprungsauswertung von 51 Prozent auf 56 Prozent geklettert ist.

Das besparte Volumen in diesen Fonds hat sich Infinma zufolge von 74,1 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2020 auf 84,6 Milliarden Euro im Jahr 2022 erhöht. Und das, obwohl die ungünstige Kursentwicklung des Jahres 2021 bei den allermeisten Fonds zu einem Kursrutsch und damit zu einem Rückgang des besparten Volumens geführt hat. (am)