In den vergangenen Jahren hat der Bund der Versicherten (BdV) selten ein gutes Haar an den deutschen Lebensversicherern gelassen. Vor allem die Solvenzquoten vieler Gesellschaften waren der Verbraucherschutzorganisation ein Dorn im Auge. Nun aber kommen neue Töne aus Hamburg: "Die deutschen Lebensversicherer sind auf die Niedrigzinsphase gut vorbereitet und weisen überwiegend eine ausreichende Solvenz aus", schreibt der BdV anlässlich der Vorstellung der aktuellen Solvenzanalyse von 78 Lebensversicherern für das Jahr 2021, die der BdV gemeinsam mit Zielke Research Consult veröffentlicht hat. Dennoch: Auch wenn sich die Situation für viele Versicherer nun entspanne, Entwarnung sei noch nicht angesagt, heißt es weiter.

Vorweg: Die Solvenzquote ist ein Maßstab, ob ein Versicherer mit seinen Eigenmitteln auch bei einem Börsencrash und Verwerfungen an den Kapitalmärkten seine Verpflichtungen gegenüber den Kunden erfüllen kann. Bei 100 Prozent oder mehr ist das der Fall. Versicherungsanalyst Carsten Zielke hat aber nicht nur die offizielle, "ausgewiesene" Solvenzquote, die unter Berücksichtigung der erlaubten Übergangsmaßnahmen berechnet werde, sondern auch die "reine" Solvenz ohne Übergangsmaßnahmen und Volatilitätsanpassungen sowie die "reine Solvenz ohne Kundengelder" berücksichtigt. Hier werden auch die nicht zugewiesenen Überschüsse an die Kunden herausgerechnet, die Versicherer zum Teil zu ihren Eigenmitteln zählen.

Solvenzquoten deutlich verbessert
Basierend auf diesen Analysekriterien kommt Zielke zum Schluss, dass alle Versicherer nach der offiziellen, "ausgewiesenen" Solvenzquote die geforderte Hürde von 100 Prozent schaffen. Schaue man auf die "reine" Solvenz reißen acht Unternehmen die Hürde – im Vorjahr waren es noch 20. Nimmt man die "reine Solvenz ohne Kundengelder" schaffen 22 Versicherer die Solvenzquote nicht, nach 42 in der Vorjahresanalyse. 

Versicherungsexperte Zielke zieht aber noch andere Indikatoren zur Analyse der Gesellschaften heran. Einer davon ist die Gewinnerwartung der Unternehmen, die weder zu hoch noch zu niedrig sein sollte: So würden etwa hohe erwartete Profite ein Zeichen für eine großzügige Kostenkalkulation sein – zugunsten der Versicherer. In diesem Jahr würden lediglich zwölf (Vorjahr: 7) Unternehmen eine aus Verbrauchersicht akzeptable Gewinnerwartung ausweisen. Bei 13 (Vorjahr: 16) Unternehmen sollte nachgesteuert werden. Bei 53 (Vorjahr: 57) Versicherern ist die Gewinnerwartung unangemessen hoch oder zu niedrig. Neun Unternehmen (Vorjahr: 18) weisen eine negative Gewinnerwartung aus. 

Hausaufgaben gemacht
Fasst man die Unternehmen zusammen, die eine zu geringe "reine" Solvenz oder eine negative Gewinnerwartung haben, dann zeigt sich lauf BdV, dass lediglich 13 der 78 untersuchten Versicherer ernste Probleme haben. Das sind immerhin zehn weniger als in der Vorgängerstudie. Auch hätten sich fast alle im vergangenen Jahr angezählten Unternehmen nun verbessert, nur bei einem habe es eine Verschlechterung gegeben. Daher "Homework done", so der BdV. (jb)