Die Ungewissheit der vergangenen Wochen und Monate ist vorbei. Die EU-Kommission hat klargestellt, dass sie Rahmen ihrer Kleinanlegerstrategie kein generelles Provisionsverbot für Finanzprodukte vorschlagen wird. Ein Hintertürchen lässt sie sich zwar offen, in drei Jahren soll erneut über ein Verbot diskutiert werden. Zudem wird es Verschärfungen bei der Anlageberatung geben, etwa mit Blick auf die Offenlegung der Zuwendungen. Allerdings könnte Versicherungsmaklern durch die Kleinanlegerstrategie schweres Ungemach bei der Vermittlung von Lebenspolicen drohen. Darauf weisen der Branchenverband Votum hin, der die Interessen unabhängiger Finanzdienstleister in Europa vertritt, sowie der AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen hin.

Im Detail geht es darum, dass der Entwurf der Kleinanlegerstrategie auch diverse Änderungen an der seit 2016 geltenden EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie IDD vorsieht. Unter anderem soll Artikel 30 der IDD geändert werden. Der Inhalt des geplanten Artikel 30, Absatz 8, lautet in der Übersetzung des Votum-Verbandes so: "(8) Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass der Versicherungsvermittler, wenn er den Kunden darüber informiert, dass die Beratung auf unabhängiger Basis erfolgt, folgendes tun muss: 1. eine hinreichend große Zahl von auf dem Markt verfügbaren Versicherungsprodukten bewerten, die hinsichtlich ihrer Art und ihrer Produktanbieter hinreichend diversifiziert sind, (…) 2. keine Gebühren, Provisionen oder andere monetäre oder nicht-monetäre Vorteile annehmen und einbehalten, die von einem Dritten oder einer Person, die im Namen eines Dritten handelt, im Zusammenhang mit der Erbringung der Dienstleistung für Kunden gezahlt oder gewährt werden."

Sachwalterurteil schreibt seit jeher unabhängige Beratung vor
Der Votum Verband führt in der Mitteilung weiter aus, dass Versicherungsmakler in Deutschland nicht erst seit dem bekannten Sachwalterurteil des Bundesgerichtshofes gegenüber Kunden zur unabhängigen Vermittlung verpflichtet sind. "Sollte diese Regelung daher unverändert umgesetzt werden, könnten Makler für Vermittlungsleistungen in der Sparte Leben keine Provision mehr entgegennehmen", so der geschäftsführende Votum-Vorstand Martin Klein. Er verweist darauf, dass der Marktanteil von Maklern in kaum einem anderen EU-Land so groß sei wie in Deutschland. "Dies zeigt, dass eine Regelung, die in der gesamten EU einheitlich gilt, nicht auf die spezifischen Märkte der einzelnen Länder Rücksicht nehmen kann", so Klein. "Es sollte weiterhin allen Vermittler in der EU möglich sein, sowohl gegen Provision als auch auf Honorarbasis tätig zu werden", fordert er.

Ob diese Passage aber so in die endgültige Fassung der Kleinanlegerstrategie Eingang finden wird, bleibt abzuwarten. Noch handelt es sich um einen Entwurf. Ihren endgültigen Vorschlag möchte die EU-Kommission am 24. Mai vorstellen. Danach müssen noch Europaparlament und Mitgliedstaaten zustimmen. Ferner muss eine EU-Richtlinie in jedem Land in nationales Recht umgesetzt werden. Dabei haben die Mitgliedstaaten einen gewissen Spielraum. 

Provisionsverbot mittels Verordnung?
Allerdings könnte ein Provisionsverbot für Lebensversicherungen noch über einen weiteren Weg kommen. Der AfW Bundesverband warnt, dass dies über eine geplante "Ermächtigung" der EU-Kommission per sogenanntem delegierten Rechtsakte geschehen könne. Solche Rechtsakte muss jeder Staat direkt umsetzen – und in dem geplanten, geänderten Artikel 30 Absatz 9 der IDD heißt es örtlich im englischen Original: "The Commission shall be empowered to adopt delegated acts in accordance with Article 38 to further specify how insurance intermediaries and insurance undertakings are to comply with the principles set out in this Article when carrying out insurance distribution activities in relation to insurance-based investment products, ..."

 "Erst komplettes Provisionsverbot, jetzt nur für Versicherungsanlageprodukte und unabhängige Beratung und Vermittlung. Wir halten es für komplett abwegig, dass dieses wettbewerbsverzerrende Vorhaben im Sinne von Verbraucherschutz sein und mit europäischem Recht im Einklang stehen soll“, kommentiert Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW. (jb)