Von der Wahrnehmung als Traumjob sind Versicherungsmakler weit entfernt. Dazu mag auch beitragen, dass Verbraucher kaum zwischen Vertretern und Maklern unterscheiden können, und jedenfalls Vertreter zu den unbeliebtesten Berufen zahlen, wie die jährliche Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes zeigt.

"Bei der Suche nach geeigneten Fachkräften ist jeder Maklerbetrieb gefordert, an seinem Unternehmen und seinem Arbeitgeber-Image zu arbeiten", sagte Julie Schellack, ehrenamtliche Vize-Präsidentin des Bundesverbandes Deutscher Versicherungsmakler (BDVM), auf der Jahrespressekonferenz des Verbandes. "Für viele Arbeitnehmer spielt neben angemessener Bezahlung auch das Image des Arbeitgebers eine wachsende Rolle, verbunden mit der Frage nach dem Sinn der eigenen Tätigkeit und nach dem allgemeinen Umgang im Unternehmen", weiß Schellack, hauptberuflich Partnerin der Martens & Prahl Holding.

Für Arbeitnehmer wichtige Themen kommunizieren
Hieran könne jeder Unternehmer für sich arbeiten, ist Schellack sicher: Gibt es neben einer angemessenen Bezahlung und möglicherweise flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice weitere Benefits für Mitarbeiter? Und welche Zusatzangebote werden überhaupt positiv von den eigenen Mitarbeitern aufgenommen? Wie steht es mit gemeinsamen Aktivitäten der Mitarbeiter? Wie geht das Unternehmen mit besonderen Anlässen wie Jubiläen oder auch dem Abschied von Mitarbeitern um? Gibt es im Unternehmen eine aktive Positionierung zu aktuellen Themen, etwa dem schonenden Umgang mit Ressourcen?

Wer sich mit diesen Themen auseinandersetze und die Mitarbeiter einbindet, könne viel mehr gewinnen als ein positives Betriebsklima: Oft sind Mitarbeiter durch eine höhere Identifikation mit "ihrem Unternehmen" weniger anfällig für Abwerbungen. Einer aktuellen Studie von EY zufolge liebäugeln 63 Prozent der Arbeitnehmer mit einem Jobwechsel. Wechselwünsche gibt es vor allem wegen zu niedrigem Gehalt (34 Prozent), Verhalten der Vorgesetzten (29 Prozent) und schlechter Unternehmenskultur (23 Prozent), präzisierte eine Studie des Forschungsinstituts Organiomics.

Social Recruiting contra hohe Fluktuationskosten
Daneben bleibe die Herausforderung, neue Mitarbeiter zu finden. "Hier können neue Ansätze helfen", so Schellack. Sogenanntes "Social Recruiting" über Social-Media-Kanäle – mit wenig Fragen und unter Verzicht auf Bewerbungsschreiben oder Lebensläufe – könne die Hürden für Jobsuchende reduzieren und erreiche insbesondere die jüngeren Fachkräfte dort, wo sie aktiv sind: in den digitalen Netzwerken und Kommunikationskanälen. Die Kosten durch Personalfluktuation beziffert Schellack auf das bis zu 2,5-Fache des Jahresgehalts der zu besetzenden Stelle.

Erfolgsfaktoren für hohe Mitarbeiterbindung seien Unternehmenskultur, Personalmarketing, Personalauswahl, -entwicklung und -führung, Mitarbeiterbetreuung und Anreizsysteme. Doch welche Anreize wirken am stärksten? Eine Umfrage von Martens & Prahl unter 150 Experten der Versicherungsbranche ergab, dass 69 Prozent Benefits generell als wichtig für die langfristige Mitarbeiterbindung empfinden, wobei 70 Prozent monetäre Zusatzleistungen bevorzugen. Am häufigsten werden Betriebsrente, Job-Rad, Zusatzzahlungen, betriebliche Krankenversicherung, Firmenwagen und Verpflegungszuschüsse genannt.

Gehalt und finanzielle Zusatzleistungen beliebt
Laut Umfrage unter 28 eigenen Mitarbeitern der Martens & Prahl Holding haben finanzielle Zusatzleistungen für 65 Prozent Priorität, insbesondere finanzielle Anreize, Vorsorge- und Gesundheitsmaßnahmen. Als neuere Benefits fielen das Deutschlandticket und allgemeine Zuschüsse für Gesundheit und Mobilität auf. Selbst bei Stellenantritt seien viele Leistungen nicht bekannt, darunter VL, BU-Rahmenvertrag, 13. Gehalt oder Gesundheitsleistungen. "Da müssen wir an der Kommunikation arbeiten", so Schellack.

Es lohne sich, den Versuch zu wagen und jetzt neue Wege der Mitarbeitersuche zu testen. "Das kalte Wasser wird nicht wärmer, weil man später springt", meint Schellack. "Vielleicht begeistern wir so wieder mehr Menschen für einen der spannendsten und abwechslungsreichsten Berufe mit großer Bedeutung für unsere Volkswirtschaft: Versicherungsmakler als Traumjob", hofft die Partnerin der Martens & Prahl Holding.

Noch gute Gewinnsituation bei BDVM-Maklern
Die BDVM-Mitglieder sind bisher weitgehend gut durch das schwierige wirtschaftliche Umfeld gekommen. 62,5 Prozent der Mitgliedsfirmen bewerten ihre Gewinnsituation trotz Inflation und allgemein schwieriger Rahmenbedingungen in den ersten acht Monaten 2023 als gut, weitere 33,9 Prozent zumindest als befriedigend. Dies zeigt eine Umfrage, an der 168 Maklerfirmen von rund 800 Mitgliedern teilgenommen hatten. Insgesamt steigende Courtage-Einnahmen konstatieren rund 83 Prozent der Teilnehmer (2022: 75,4 Prozent). Allerdings meldeten fast 31 Prozent sinkende Courtagen in der Lebensversicherung. (dpo)